UNZEIT

 

 

 

Keine Zeit für schöne Lieder, nicht für Herz und nicht für Scherz,

 

denn zu viel läuft aus dem Ruder und entschwindet nebelwärts.

 

Dabei ist das, was wir brauchen gerade das, was heute fehlt -

 

wenn an Zorn und Wut zu viel ist, gibt es mehr noch, was doch zählt...

 

 

 

Keine Zeit mehr für Romantik, warme Worte, Mondenschein.

 

Wenn die Wirklichkeit sich nackt zeigt, will man laut dagegen schrei‘n.

 

Woran glauben, wenn nichts wahr ist? Wenn nichts überzeugen kann?

 

Womit sich dann noch behaupten? Wie fängt man am besten an?

 

 

 

Keine Zeit für heißes Sehnen, nicht für Sonnenuntergang,

 

nicht für Verse, nicht für Reime - mehr für Ungeduld und Drang,

 

an der Zukunft nicht zu zweifeln, Gegenwart nicht zu entfliehn,

 

aus Vergangenem zu lernen, eigene Rückschlüsse zu ziehn…

 

 

 

Wann wär‘ Zeit für schöne Lieder, die ich auch viel lieber sing?

 

Sind sie im Moment zu leise? Ihre Wirkung zu gering,

 

wenn die Fähigkeit, zu lauschen, sich erholt, regeneriert,

 

und Verlogenes verklungen in weiter Stille sich verliert.

 

 

 

Dann wär‘ Zeit für Harmonien, die im Wohlklang sich ergehn,

 

und für ausgefeilte Worte die geschliffen für sich stehn,

 

die getragen von Akkorden aus dem Kopf nicht schwinden wolln,

 

die in Wärme sich erschöpfen und sich nicht verlieren solln.

 

 

 

Copyright 2019 Gerd Schinkel