Die Jagd nach Ruhm und Ehre - Ein Phil-Ochs-Porträt-Programm - vollständiger Text

Nach dem Tod
Original: Phil Ochs
deutscher Text: Gerd Schinkel
von der LP "Kein Grund zur Aufregung"
erschienen 1978 bei RCA
Nach dem Tod.wmv
Windows Media Video Format 3.1 MB


Gerd Schinkel


 

„Die Jagd


nach Ruhm


und Ehre“

 

Ein Porträtprogramm über den


US-Singer /Songwriter


 

Phil Ochs


Manuskript

 

 

A Teil: Einstieg und Aufstieg

CD 1

01 Lied für Phil Ochs (Harvey Andrews)

02 Die Jagd nach Ruhm und Ehre 

03 Die Parade

04 Grosses Los

05 Ablehnungsbescheid 

06 Automation

07 Das ist, was ich hören will

08 Weiße Kragen

09 Sechs Prosit

10 Heil im Pharisäertum

11 Willkommen

12 Einer unter uns

13 Auf den Knien

14 Wohin bringt uns das Marschiern

 

CD 2

15 Wir sind die Sheriffs

16 So wird's uns auch gehn

17 Schnür deine Stiefel auf (Eric Andersen)

18 Positiv bleiben   (Bob Dylan)

19 Ich sag’s jetzt

20 Vergiss dein müdes Lied (Bob Dylan)

               B Teil: Abstieg und Ausstieg

21 Dies Land ist mein Land (Woody Guthrie)

22 Freiheit auf Erlaubnisschein

23 Wähle lieber liberal

24 Allzu viel Lügen

25 Randale find ich toll

26 Die Zeit der Entscheidung

27 Durchblick

28 Die Rhythmen der Revolution

 

CD 3

29 Die paar Leute

30 Kreuzigung

31 Setz dich zu mir  

32 Lied vom Ruhm

33 Hand aufs Herz

34 Keine Lieder mehr

35 Joe Hill

36 Nach dem Tod

37 Was kann ich hörn

38 Phil (Paxton)

39 Epitaph für Phil

 

Zugabe

40 Die Glocken I

41 Die Glocken II (Zusatzstrophen)

kursiv: Lieder, die nicht für das Live-Programm vorgesehen sind

 

 

1. Teil:   Einstieg und Aufstieg

 

01 Lied für Phil Ochs  Song for Phil Ochs    Harvey Andrews                            G/3

Du warst mein bester Freund,                                GC

hab soviel Zeit mit dir verbracht,                            DG.e

gelauscht auf jedes Wort,                                       aD

hab's so, wie du's gewollt, gemacht.                         G

Du hast besungen, wie es war,                                GC

beschönigt nichts, und kein' geschont,                      DG.e

Die Wahrheit, die bleibt wahr,                              a

wenn Ehrlichkeit sich auch nicht lohnt.                   DG

 

Warst nie ein großer Star,                                     C

heut selten jemand dich erwähnt,                             DG.e

längst bist du nicht mehr da,                                  a

doch mancher dich zurückersehnt.                           a D

 

Hab nie wie du erfahrn,

wie's schmerzt, schweigt man dich einfach tot,

wie das Gefühl dich quält,

raubt Leere dir das innere Lot...

Als dir kein Wort mehr blieb,

das Schreiben fiel dir viel zu schwer,

blieb weiß das Blatt Papier,

war schließlich keine Hoffnung mehr.

 

               So oft denk ich an dich,

               wie nah ich dir verbunden blieb,

               warst oft in meinem Kopf,

               wenn ich so meine Lieder schrieb.

               Du hast mit deinem Licht

               mir manches doch so klar gezeigt,

               dass man sich nicht verkriecht,

               und das, was wahr ist, nicht verschweigt.

 

Bist du auch nicht mehr hier,

es sind noch deine Lieder da -

erzählen auch von dir -

sind so unüberhörbar klar.                                    DG

 

Hallo Phil - wo immer Du sein magst, kannst Du mich hören? Vielleicht sogar sehen? Ziehst erstaunt die Augenbrauen hoch, bist irgendwie irritiert... Wie kommt so ein Mann aus Deutschland dazu, sich in Dein Leben zu verbeißen, einer, der wie Du versucht, Lieder und Journalismus zu verbinden, weil ihn fasziniert hat, wie Du das gemacht hast. Ich will, mit Deiner Hilfe von Dir erzählen. Ich will Dir ein wenig zurückgeben, was Du mir gegeben hast, als Sänger Deiner Lieder. Vielleicht kann ich ja so ein wenig dazu beitragen, dass man Dich nicht vergisst, sondern vermisst.

 

So wie Neil Young Dich vermisst, der Dich bei einem Solidaritätskonzert für notleidende Bauern in den USA, beim Farm Aid 2013, als vielleicht größten Singer/Songwriter bezeichnet hat, den die USA je hervorgebracht hätten. Lass uns ein wenig reden, darüber, wie Du gelebt hast und warum Neil Young und vielleicht noch ein paar andere Leute Dich heute vermissen. Lass mich ein paar Deiner Lieder singen, auf meine Weise, und wir lassen ein paar Leute dabei zuhören.

 

Willkommen auf einer Pirsch mit Gesang, zu einer "Jagd nach Ruhm und Ehre" eines janusköpfigen Orpheus, der den Erfolg gesucht hat, und auch an seiner Erfolglosigkeit zerbrochen ist. Wer war das? Phil Ochs? Ein Liedermacher, der wie manche andere in den 60er Jahren in den USA politisches Engagement mit Musik und neuen Texten verbunden hat. Ihn will ich euch vorstellen, ganz persönlich, mit meinen Fragen an ihn, mit Liedern, auch wenn ich viele dieser Lieder bei meinem Versuch, sie in die deutsche Sprache zu holen, nicht übersetzt, sondern übertragen habe, auch in unsere Welt, in Zusammenhänge, die wir kennen.

 

Für den, der mehr über Phil Ochs wissen will, gibt es im Internet auf meiner Homepage einen langen Aufsatz von mir über Phil Ochs und sein Leben mit dem Titel: "Der Orpheus mit dem Januskopf" und auch dieses Programm, "Die Jagd nach Ruhm und Ehre" kann man dort nachgelesen.

 

Aber zunächst will ich Dich einfach mal vorstellen - mit einem Lied von Dir, "Bound For Glory". Wobei ich nur Deine Melodie nutze, mit der Du selbst einen Text über Woody Guthrie gesungen hattest. Aber nun will ich ja Dich würdigen, mit dem Lied "Die Jagd nach Ruhm und Ehre"...

 

02 Die Jagd nach Ruhm und Ehre „Bound For Glory“   Phil Ochs    C/1 

Er zog auf vielen Straßen, sah mit wachem Blick sein Land.                    C G

New York bis Kalifornien, die Berge und den Strand,                              G7 C

sah wohl viele Leute, war zwischen jung und alt,                                       F C

suchte frische Saat auf dem leblosen Asphalt.                                             G F C

Die Jagd nach Ruhm und Ehre war sein Fluch.                                         d G7 C

Die Jagd nach der Karriere.                                                                        d G7 C

 

Er schrieb und sang, fuhr durch die Staaten, kreuz und quer.

Wenn er eine Chance sah, lief er ihr schon hinterher.

Hatte Ideale, mehr als einen Traum -

doch fand keinen Halt, wie ein wurzelloser Baum.

 

Er sang für schlechte Gage und manchen guten Grund.

War vielen zu schwarz-weiß, hielt selbst sich für grell bunt.

Wenn andere so sprachen, dass man sie nicht verstand,

sang er deutlich Lieder, war nicht nur Musikant.

 

Aus Widerstand von unten zog er seine ganze Kraft.

Aus Mitleid wurde Selbstmitleid, verirrte Leidenschaft.

Am Ende war er leer, wie ein Brunnen, der versiegt.

Im Wind flog seine Asche - leicht, wie ein Gedanke fliegt.

 

Wie viele Jahre bist Du jetzt schon tot, Phil?  Mehr als drei, fast vier Jahrzehnte? Erst oder schon? Was spielt das für eine Rolle... Eines Morgens hast Du Dir den Strick genommen, schnell und heimlich, kurz entschlossen, als Dein Neffe gerade mal einkaufen war.

 

35 Jahre warst Du erst alt, als das Leben Dir nicht mehr lebenswert schien. Was hast Du gemacht mit Deinem Leben? Lieder geschrieben, zehn Jahre lang, zwischen 1962 und 1972, bis Dir keine mehr eingefallen sind, Dir die Ideen ausblieben. Warum, Phil?

 

Diese Frage treibt mich um, seit ich von Deinem Ende erfuhr, wenige Jahre, nachdem mich zum ersten Mal Deine Stimme im Radio in ihren Bann gezogen hatte. Dein Vorrat an Texten und Melodien schien doch unerschöpflich. Geschichten und Phantasien - alles vor dem Hintergrund der Wirklichkeit, obwohl Du doch eher ein begnadeter Träumer warst: Ein Schwärmer, der seine Schwärmerei nicht für sich behalten konnte. Der mit seiner Begeisterung andere anstecken wollte - und konnte...

 

Deine Mutter sah damals in ihrem kleinen Jungen noch einen Traumtänzer, der ihr gelegentlich träumend auf die Nerven ging. Sie wollte, dass aus Dir was Richtiges wird, wollte, dass Du ein Instrument lernst: Klarinette war die Option und als Deine Mutter dann einen Schulwechsel verlangte, wolltest Du unbedingt dorthin, wo man auch Musik spielt: So hast Du Dich mit 16 auf eine Militärschule verirrt, nur wegen der Militärkapelle. Kaum zu glauben...

 

Ergänzungslied "Die Parade:

Aber doch auch nicht so ganz abwegig vor dem Hintergrund der damaligen Zeit. Deine Heimat, die USA, waren die Weltmacht Nummer eins. Und der Stolz darauf war genauso weit verbreitet wie der Stolz in den Familien, wenn einer der Söhne zum Uniformträger wurde, oder wie der Stolz unter den jungen Soldaten, diese Uniform tragen und mit in Paraden marschieren zu dürfen. Dein Lied "One More Parade" beschreibt die Stimmung in überspitzter Form, von Dir sarkastisch vom Kopf auf die Füße gestellt, drastisch beschrieben mit allen Konsequenzen... "Meine Version heißt "Die Parade":

 

Die Parade      „One More Parade“  Phil Ochs    d/-1  DD

Links zwei drei marschiern sie entlang,                                 d

die Stiefel im Takt zu der Trommel Klang.                           Cd

Salut und Böller und die Mütter winken lang.                        d

Die Parade zieht vorbei. Sei mit dabei.                                  FEA EA

Sei doch ein Held. Zieh mit ins Feld.                                    EA Ad

 

So jung, so stark und so bereit zur Schlacht,                          FC

weit weg zu krepiern, zu sterben Tag und Nacht.                    dA

Sie marschieren - und sie ähneln sich so sehr.                          gA

Und Fragen stellt da keiner mehr.                                        FEA

Nimm es nicht schwer. Nimm das Gewehr.                           EA EA

Zieh hinterher.                                                                    Ad


Lausche dem Trommelwirbel. Lausche dem Krach.

Lausche dem Lärm der marschierenden Macht.

Eben waren ihre Waffen noch als Spielzeug gedacht.

Die Parade zieht vorbei. Sei mit dabei.

Das ist doch neu. Nun sei ohne Scheu.

 

Stolz in Uniform. Waffe in der Hand.

Getrimmt zum Töten - aber Mord wird’s nicht genannt.

Ganz gleich, in welchem Staat, in welchem Land:

Die Parade zieht vorbei. Sei mit dabei.

Blick nicht zurück. Riskier dein Glück.

 

Versteinerte Miene im Kindergesicht.

Noch ein’ Kuss für die Braut, ein’ Blick, der viel verspricht.

Und die Witwen vom letzten Krieg vergessen nicht:

Die Parade zog vorbei. Er war dabei.

Das war noch neu. Ganz ohne Scheu.

Fast wie ein Spiel. Das war sein Ziel.

Verbrannt die Welt. Krepiert im Feld.

 

So jung, so stark und so bereit zur Schlacht,                          FC

weit weg zu krepiern, zu sterben, Tag und Nacht.                   dA

Sie marschieren - und sie ähneln sich so sehr.                          gA

Die Parade zieht vorbei: Sei mit dabei.                                  FEA EA

Das ist doch neu. Sei ohne Scheu.                                         EA EA

Versuch das Spiel. Du hast ein Ziel.                                    EA EA

Verbrenn die Welt und zieh mit ins Feld.                              EA d

 

Es konnte wohl auch nur einen Träumer überraschen, dass dort das Marschieren noch wichtiger genommen wurde als die Marschmusik. Da hast Du dann wohl ein für allemal genug bekommen, vom Soldatendasein, oder?

 

Du hast dieses grandiose spöttische Lied "Draft Dodger Rag" geschrieben über eine respektlose Reaktion eines jungen Mannes, der zu den Soldaten eingezogen werden soll - eine freche Antwort auf den Einberufungsbescheid, wie sie Dir gefallen hätte. Mit diesem Lied hast Du auch andere Künstler begeistert, auch auf dieser Seite des Atlantiks, sodass beispielsweise Walter Mossmann sich die Melodie dieses Liedes nahm und darauf seinen hierzulande in der Bürgerbewegung gegen Atomkraft bekannten KKW-Nein-Rag schrieb.

 

Als Du das Lied geschrieben hast, gab es bei Euch und bei uns noch Wehrpflichtige. Ich hab mit Begeisterung über den Inhalt Deines Lied versucht, es sinngemäß zu übertragen - auch für diese Seite des Atlantiks und für eine Situation gut drei bis vier Jahrzehnte später, als junge Männer ein wenig anders ausgesehen haben als in der Zeit in den USA, als Du Dein Lied geschrieben hattest. Bei mir heißt das Lied "Großes Los".

 

03 Grosses Los  „Draft Dodger Rag“  Phil Ochs   C/5

Bin 'n typischer junger Mann, seh gut aus,                    C

komm aus typischem deutschen Haus,                          D

weiß alle Tricks, erzähl mir nix,                                     G

kenn mich auch verdammt gut aus.                               G7 C

Irgendwann kam dann ein Schreiben an,                     C

direkt von der Bundeswehr.                                          D

Man lud mich ein, Soldat zu sein;                                  G

und so schrieb ich ans Militär:                                       G7C

 

Ich bin achtzehn Jahr, hab Rastahaar,

trag ne Kette an n Augenbraun.

Hab n Nasenring, den ich auch mitbring -

bin wirklich hübsch anzuschaun.

Hab mein Job verlorn und hab mir geschworn:

Kommt die erste Chance, pack ich zu.

Hier das große Los. Werd bei euch groß.

Krieg alles hin, was ich tu.

 

Hab ne dicke Brille, nehm manche Pille -

aber sonst bin ich gesund.

Hab ne Pollnallergie, n kaputtes Knie,

wieg zweihundertzwanzig Pfund.

Jede Uniform steht mir enorm,

sofern sie mir nur passt.

Macht alles klar. Bin morgen da,

wenn ihr mich nur zu euch lasst.

 

Mag Sylvester Stallone - versuch auch schon,

so n Rambotyp zu sein.

Das ist mein Ziel. Ist doch nicht viel.

Bin n Meterfünfzig - nicht zu klein...

Hab genug im Kopf. Drück jeden Knopf,

tu alles, was ihr sagt.

Hör auf Befehl, auch wenn ich wähl.

Hab schon viel zu viel gefragt.

 

Die Rekruten-Wirklichkeit, Phil, die hat Dir nicht zugesagt. Alltagsleben zu erleben, geht oft einher mit einem schmerzhafter Lernprozess. Aber Du wolltest Dir Deine Träume erfüllen, auch nach Deiner kurzen Phase in Uniform: Nun wolltest Du Journalist werden, mit einem Universitätsabschluss, warst von der Idee und Deinem Talent so überzeugt, dass Du bei der ersten Erfahrungssammlung in der Praxis, als Du an einer Campuszeigung mitarbeiten konntest, übers Ziel hinausgeschossen bist.  Gleich Chefredakteur werden wollen, ist ein bisschen gewagt. "Wenn ihr nicht drucken wollt, was ich schreibe, gut, dann gründe ich eben meine eigene Zeitung...“ Da sind in der kreativen Begeisterung die Pferde mit Dir durchgegangen.

 

Wer nicht lernt, Kompromisse zu schließen, macht sich keine Freunde und versäumt auch leicht seinen Abschluss. Nicht schlimm, wirst Du gedacht haben. Mach ich die Journalistenarbeit eben anders. Dabei half Dir ein Wettgewinn. Du hattest bei der Präsidentschaftswahl 1960 auf John F. Kennedy gesetzt und so Deine erste Gitarre gewonnen - und von da an versucht, Journalismus mit Musik zu verbinden.

 

Ergänzungslied "Ablehnungsbescheid":

Gleich in Deinem ersten bemerkenswerten Lied „William Worthy“ - über einen US-Bürger, der Anfang der sechziger Jahre Fidel Castros Kuba besuchte, obwohl das verboten war. Dafür wollte man ihm damals die Staatsbürgerschaft aberkennen. Gerade jetzt erst, mehr als 50 Jahre später, bricht da zwischen den USA und Kuba ein Tauwetter an.

 

Hier in Deutschland kennt keiner die Geschichte. Aber wir haben andere Geschichten, die vor Jahren hoch aktuell und genauso unglaublich waren. Ich habe mir einfach Deine Melodie ausgeborgt, denn sie ist zu schön, um sie ungenutzt zu lassen, und erzähl damit was aus unserem Lande. Im Text übertreib ich ein wenig – aber nur ein wenig. Satire darf das ja - und die hast Du ja auch beherrscht.

 

Hättest Du in den 70ern, zur Zeit des Radikalenerlasses, bei uns gelebt, oder bei Euch etwas früher als 1960 angefangen zu singen, nämlich zur Zeit von McCarthy, als noch solche Leute wie Du, die die Gesellschaft kritisiert haben, verfolgt wurden,

dann hätte so ein ähnlicher Text auch von Dir sein können - schließlich hattest Du ja vergleichbare Lieder geschrieben.

 

04 Ablehnungsbescheid „William Worthy“  Phil Ochs   C/- 2

Hört hier die Geschichte: Ich fang mal von vorne an,                              CGC

von einem guten Bürger, von einem braven Mann,                   FC

der offen seine Meinung sagte, ging ihm mal was quer.             FC

Hört hier, wie es ihm erging. Die Folgen waren schwer.            CGC

Er hatte lang studiert, machte seinen Abschluss gut.

Dann bewarb er sich als Lehrer, frisch und voller Mut.

Er freute sich schon lang darauf, war innerlich bereit.

Doch dann kam überraschend der Ablehnungsbescheid:

 

Wir können dich nicht brauchen im Öffentlichen Dienst.         FC

Sieh nur zu, dass du woanders Geld verdienst.                        GCC7

Verfassungsfeindlich, staatsabträglich,                                  F

wie du nun mal bist,                                                                           Cea

ist es völlig klar, dass du keine Stelle kriegst.                         CGC

 

Der Verfassungsschutz hatte gründlich observiert.

Man stellte fest: „Vor Jahren haben Sie mal demonstriert.

Gegen die Notstandsgesetze protestiert.

Leugnen hat kein’ Zweck - man hat Sie fotografiert.

Des Weiteren liegt uns hier vor eine Unterschrift

auf einer langen Liste, angekreuzt mit rotem Stift,

gegen Preiserhöhung bei der Straßenbahn.

Tja - damit ist doch klar: Sie haben Ihre Chance vertan.“

 

Der Mann war sehr verzweifelt. Er war nicht gern arbeitslos.

Da las er eines Tages in der Zeitung, ziemlich groß:

„Wir brauchen Arbeitskräfte! Kommen Sie vorbei.

Die Stadtwerke erwarten Sie. Es sind noch Stellen frei.“

Unserem Mann blieb keine Wahl. Also ging er hin.

Doch ihm wurde bald schon klar - es hatte keinen Sinn.

Zu genau war man dort über ihn längst informiert.

Seine Akte war zu dick. Man hat ihm attestiert:    

 

„Wir wissen, Sie sind lange Mitglied schon bei amnesty.

Was diese Leute machen, lieber Freund, das weiß man nie.

Außerdem kam uns zu Ohren: Ihre Ehefrau

hat Umweltschutz gefordert, statt Tiefgaragenbau.

Ihr Sohn trägt rote Socken, Ihre Tochter rotes Haar.

Wir wissen, dass Ihr Nachbar Leserbriefeschreiber war.

Sie selbst waren vor Jahren auf ‘ner grünen Fahrradtour.

Sie kommen nicht in Frage, nicht mal für die Müllabfuhr.“

 

Der Mann war irritiert - was hatte er denn schon getan.

Er wusste nicht mehr, was man ohne Sorgen sagen kann.

Was ihm durch den Kopf ging, das sing ich nun zum Schluss.

Unser Mann, der lernte, dass man vorsichtig sein muss.

Wer hat denn gesagt, das offne Wort sei garantiert.

Wenn du zu offen redest, siehst du bald, was dann passiert.

Du sagst: „Artikel 5 stellt fest: Die Meinung, die ist frei.“

Ha! - Bei denen, für die Meinungsfreiheit gilt, bist du nicht bei.

 

Hast du eine Meinung, dann behalt sie still für dich.

Vergiss sie lieber gleich, und sag sie bloß nicht öffentlich.

Wer mit der Obrigkeit nicht gern in Schwierigkeiten kommt,

darf nichts sagen, denken, meinen.

Besser, wenn er sich verplombt.

 

Du warst erst Anfang zwanzig, Phil, als Du nach New York gekommen bist und Dich energisch in die aufblühende Folkszene gemischt hast. Kaum trocken hinter den Ohren, aber doch schon beeindruckend selbstbewusst genug, um mit dem bewundernswerten Feuer der Jugend das zu vertreten, was Du für richtig gehalten hast.

 

Du hattest den Kopf voller Ideen und Melodien, aus denen Du über Nacht oder im Handumdrehen Lieder gemacht hast tolle Lieder, die ins Ohr gingen, die auffielen - und mit denen auch Du wahrgenommen wurdest. Mit Deiner aufrichtige Empörung über Missstände, mit Deinem guten Willen zur Veränderung all dessen, was Du für unzulänglich gehalten hast, hast Du sicherlich den Leuten genauso imponiert wie mit Deinem Talent, mit Worten und Musik umzugehen.

 

Ergänzungslied: "Automation"

Du hast mit vielen Liedern dein Talent zur Fähigkeit entwickelt, dich auch in Situationen hineinversetzen zu können, die du nicht am eigenen Leib erlebt haben konntest. Du warst zu jung, als dass du schon selbst erfahren haben konntest, wie menschenverachtende Mechanismen auf dem Arbeitsmarkt funktionierten und wie man mit Menschen umging. Trotzdem konntest Du schon mehr als ein Lied darüber singen, wie beispielsweise in Deinem Lied "Automation-Song" - bei mir heißt es "Automation":

 

Automation „Automation-Song“  Phil Ochs                             G/-2

Wer walzte wohl die Autobahnen weit über das Land,              G D9 e D9 G

mit den Muskeln seiner Arme und der Kraft seiner Hand?       GD9eD9G

Eure Autos fahren heute darauf hin und her -                            CG CG

doch ich bin nun entlassen, finde keine Arbeit mehr.                CGAD

 

Wer baute die Hochhäuser in manche Innenstadt?

Vierzehn Stunden am Tag, Überstunden machen matt.

Den Banken zum Prestigegewinn - die protzen damit rum.

Doch ich bin nun entlassen, und kein Banker schert sich drum.

 

Ich werde nur gebraucht, solang es den Herren passt,                              e h

darf schuften für ihren Profit.                                                     e D

Nun bin ich nicht mehr rentabel und werde geschasst.                             e h

Zum Dank krieg ich noch einen Tritt.                                         C D

 

Wer baute Fabriken und bebaute das Land

mit dem Schweiß auf der Stirn und Schwielen auf der Hand.

Mein Lohn verkleinert den Gewinn, und darum kann ich gehn.

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, auf Wiedersehn...

 

Ich werde nur gebraucht, solang es den Herren passt,...

 

Kein Mensch mehr, sondern Ware, ausverkauft als Arbeitskraft.

Als Werkzeug oder Spielzeug, Vorrat gibt es massenhaft.

Die einen machen Mehrarbeit, und andre gehn spaziern,

rausgeschmissen, abserviert, kann heut jedem so passiern.

Dachte, mir könnt’s nicht passiern.

 

Wer mitreißende Lieder schreiben kann, dazu auch noch oft genug auf Gage verzichtet, ist ein gefragter Sänger. Besonders auf Demonstrationen und Kundgebungen, auf denen niemand fragt, ob jemand wirklich weiß, wovon er singt. Was wusstest Du damals selbst von Arbeitslosigkeit? Warst Du schon mal arbeitslos gewesen? Hast mutlos durchgehangen? Später, viel später erst, aber doch längst noch nicht zu der Zeit, als Du "That's What I Want To Hear" geschrieben hast. Mein Text zum Lied "Das ist, was ich hören will" ist der Versuch einer Übersetzung ganz nah am Original:

 

05 Das ist, was ich hören will „That’s What I Want To Hear“  Phil Ochs  G/2

Du sagst, deine letzten Kröten sind weg.                                    GE

Man hat dir die Taschen geleert.                                                  ADG  ID

Du stöhnst, dass deine Hosen zerrissen sind,                                            GE

und dass das keinen stört.                                                             AD

Nun heul mir nicht die Ohren voll.                                                            H7 e

Kannst du nur jammern, sei lieber still.                                       A D D7

Steh auf und sag, dass wir jetzt gemeinsam kämpfen!                 GE

Das ist, was ich hören will.                                                                          ADG I D

 

Na schön. Du hast nun deinen Job verloren.

Den hat jetzt so ein Automat.

Na schön. Du kriegst ab jetzt nur noch Hartz 4

und wirst davon nicht mehr so satt.

Junge, wenn ich Jobs zu vergeben hätt’ -

ich gäb sie jedem, der sie will.

Doch solang du auch nicht mehr zu bieten hast

außer Jammern - sei lieber still.

 

Du sagst, du hättest gar nichts zu tun,

Du verplemperst nur deine Zeit.

Und du sagst, wenn deine Leute was zu futtern brauchen,

läufst du manchmal ziemlich weit.

Es ist bestimmt eine Sünd und Schand,

wie man hier mit dir umgeht.

Aber wenn du endlich sagst: Jetzt mach ich nicht mehr mit!

bin ich der erste, der zu dir steht.

 

Denn solche wie uns gabs doch immer schon,

und man wird uns auch immer wieder sehn.

Und alles, was dir und mir passiert,

ist schon viel Besseren geschehn.

Drum sag auch nicht, du weißt nicht wohin.

Sag mir nicht, du siehst kein Ziel.

Du hast Hände, ne Stimme, und du bist nicht alleine - Freund,

das ist doch schon ziemlich viel.

 

Und wenn du noch nicht weißt, worum es mir geht,

sag ichs dir noch mal laut und fest.

Kein Schwein interessiert, was ein einzelner sagt,

wenn der sich auch noch hängen lässt.

Deshalb: Wenn du ne Antwort willst:

Steck den Kopf nicht in den Sand.

Organisier dich und kämpf an deinem Platz;

nimm deine Zukunft selbst in die Hand.      

 

Topical Songs brandaktuelle politische Lieder - das waren Deine Spezialität. Ein Thema aus der Zeitung nehmen: Eins, das Dich ehrlich aufregt - weil's Dich dann auch anregt, die Story gereimt nacherzählen, den einen Zeigefinger tief in auf die Wunde gelegt, sodass es auch weh tut - sogar Dir selber -, und den anderen hochgestreckt... Die Leute sollen schließlich nicht nur zum Vergnügen zuhören, sie sollen auch was begreifen, zumindest, dass man an dem, was Du besungen hast, doch was ändern müsste.

 

Ergänzungslied  "Weiße Kragen"

Es gab genug zu kritisieren, in einer Gesellschaft, in der jeder nur danach trachtete, sein Glück zu machen - als Glücksritter, der auch nicht davor zurückschreckte, andere übern Tisch zu ziehen. Die gab es schon ewig, auch in den USA. Sie gehörten zur Geschichte nicht nur der USA.

 

Darüber gab es Geschichten und Gedichte, wie von Alfred Noyes das Gedicht "The Highwaymen", das Du vertont hast, Wegelagerer also, heute vielleicht Gauner mit weißen Kragen, die gab es immer und gibt es schließlich immer noch. Da sind wir auch hier bei uns mit Rekord-Pleitiers wie vor ein paar Jahren dem Baulöwen Jürgen Schneider längst noch nicht aus dem Schneider..., und er hat ja inzwischen reichlich namhafte Nachfolger gefunden...

 

06 Weisse Kragen       „The Highwayman“ nach Alfred Noyes C/7

Er kommt stets im Anzug aus Seide.                     Ce

zeigt nicht sein Geld, sondern Stil.                          a

duftet markant und ist glatt rasiert.                        eF

Vom Duzen, da hält er nicht viel.                          d G7

Er liebt mehr die feineren Formen,                         Ce

steht auf Respekt und Distanz.                                             a

 

Man sieht ihn nur in weißen Kragen.                      FC

Er mag weiße Kragen nur tragen,                           ea

weiße Westen und weiße Kragen.                            FC

Und wenn er was macht, macht er’s ganz.                              FG  IG7

 

Er umgibt sich mit Antiquitäten,

hat auch den nötigen Platz.

liebt seine Frau, seine Kinder,

sagt zur Sekretärin „Mein Schatz“.

Man trifft ihn alljährlich in Bayreuth,

und beim Opernball im Frack beim Tanz.

 

Er hat längst viel mehr, als er wollte.

sitzt an den Hebeln der Macht.

Dort kann er schalten und walten,

hat es zu was gebracht

Vom Handy aus kontrolliert er

Geschäfte, Profit und Bilanz.

 

Blitzschnell kann er reagieren,

glaubt er, dass ein Kurssturz ihm nützt.

Er weiß, wie er stets aus dem Schneider kommt,

und welcher Minister ihn schützt.

Steuern bezahln ans Finanzamt -

das ist für ihn bloß Firlefanz.

 

Sein Wohlstand beruht auf Krediten.

Sein Reichtum ist bloß ausgeliehn,

die Villa lang noch nicht abbezahlt.

der letzte Bankrott längst verziehn.

Drum schmiert in allen Parteien

seine Retter in letzter Instanz.

 

Ergänzungslied "Sechs Prosit"

Du hast mit deinem scharfen Blick analysiert, wie die Gesellschaft funktioniert hat, wer das Sagen hatte, und wer nicht mitreden durfte, wie die Machtmechanismen miteinander verzahnt waren, und wie man diejenigen in Schach hielt, die man an Entscheidungsprozessen nicht beteiligen wollte, wie diejenigen unter sich blieben, die unter sich bleiben wollten, um sich in Ruhe und ungestört zuprosten zu können... Du hast zu analysieren verstanden, hast den Blick hinter die Kulissen geworfen, auf diejenigen, die sich gern im Schatten hielten, bedeckt, bewusst im Hintergrund, weil sich dort besser schalten und walten lässt.

 

Ich hab mich, einem Einfall folgend, für einen neuen Text über die Strippenzieher und Betreiber und Profiteure von Seilschaften deine Melodie des Liedes "The Man Behind The Guns" ausgeborgt, dessen Titel du selbst auch ausgeliehen hattest: Von der Biographie des US-Generals Henry Jackson Hunt, dem hochrangigsten Artillerie-Kommandeur der Pontomac-Armee während des amerikanischen Bürgerkriegs... In meinem Lied "Sechs Prosit" ist das Militär, das du in deinem Lied besingst, nur einer der Machtfaktoren, auf die sich die Mächtigen stützen...

 

Sechs Prosit              „The Man Behind The Guns“  Phil Ochs       a/2

Ein Prost auf den Tarifabschluss - die Bosse grinsen breit.                      aGaC

Die Herren sind jetzt unter sich - die Presse ist noch weit.                        eaCG

Der Profit wird nun gewahrt und alles ist im Lot.                                  aGaC

Der Kuchen bleibt noch ungeteilt - man gab nur trocken Brot.                  eaCG

 

Das Fest geht lang, doch keiner sieht die Zeichen an der Wand.              CFCe

Denn diese Herren halten noch die Fäden in der Hand,                          FCaG

noch die Fäden in der Hand.                                                               aGa

 

Ein Prosit auf die Meinungsfreiheit, Prost mit edlem Wein.

Die Pressezaren feiern unter sich und sind allein.

Sie können ihre Macht ausüben aus dem Chefbüro.

Skandal und Blut verkauft sich gut - die Menschen sind halt so.

 

Ein Prosit auf das Recht, denn vor Gesetz sind alle gleich.

Juristen stoßen an, denn arm bleibt arm und reich ist reich.

Die Unterschiede muss man sehn - wo käme man sonst hin.

Der Reiche kann sich wehr’n - der Arme hängt im Gitter drin.

 

Ein Prosit auf die Wissenschaft, die nur der Menschheit dient.

Die Professoren zechen laut - sie haben gut verdient,

mit Forschung für die Rüstungsindustrie - da wird geschmiert.

Betriebsrat und Gewerkschaft feiern mit, sind gut dressiert...

 

Ein Prosit auf das Militär, ein Prost in Uniform.

Was diese Herren trinken können, das ist ganz enorm.

Der Selbstzweck wird begossen - Disziplin ist Disziplin.

Die Offiziere feiern - der Rekrut rutscht auf den Knien.

 

Ein Prosit auf den Wahlausgang - packt die Versprechen ein.

Die Steuern rauf, die Renten runter - was sein muss, muss sein.

Was kümmert das Geschwätz von gestern, ist die Wahl vorbei.

Diäten, Pfründe, Subvention - der Rest ist einerlei.

 

Die Feiern dauern lange - keiner, der die Feste stört.

Auch Meinungsforscher lernen, was man hier am liebsten hört.

So wird das Volk für dumm verkauft - gemeinsam klappt das gut.

Ob schwarz, rot, gelb, ob grün - sie stecken unter einem Hut.

 

Sie feiern durch die Nacht, sehn nicht die Zeichen an der Wand.

Verstricken sich, verknoten ihre Fäden in der Hand -

ihre Fäden in der Hand.

 

Ergänzungslied "Heil im Pharisäertum"

Dein Vater, Phil, ein jüdischer Arzt, hatte eine Frau aus Schottland geheiratet und zählte nicht zu denjenigen, die ihren jüdischen Glauben praktizierten. Bei Euch daheim war das kein Thema, aber für Dich ist die Glaubensstrenge, die Bigotterie der Fundamentalisten, ganz gleich ob unter Christen oder Juden, auf die man überall in den USA treffen konnte, sehr wohl ein Thema gewesen, auch schon als sich die fundamentalistischen Glaubensgemeinschaften noch nicht zu einem derartigen Machtfaktor in den USA entwickelt hatten, wie sie es heute sind.

 

Sie sind Dir schon damals auf den Geist gegangen, ihre Intoleranz hat Dich abgestoßen. Mit ihrer Engstirnigkeit waren sie für Dich in einem Land, das sich als Heimat der Freiheit gesehen hat, fehl am Platze - aber dass der Anspruch der Freiheit, den die Verfassung der USA erhob, in Deiner Heimat nicht eingelöst wurde, hast Du ja auch kritisiert. Und Du hast in Deinem Lied "Christian Canons" deutliche Worte gefunden, die ich in meinem Lied "Heil im Pharisäertum" zu übertragen versucht habe.

 

Heil im Pharisäertum       „Christian Canons“                                G/0

Glockenlärm zerreißt den Morgen laut.                                                GDG

In den Spiegel noch mal ganz kurz geschaut.                                         DG

Sitzt der Hut? Der Schal? Das Bürgertum?                                         eC

Ängstlich fragt das Pharisäertum.                                                       FG

 

Kirchgangszeit, die Kinder an der Hand,

ob Katholik oder ob Protestant -

gesangbuchfest, heut, wie im Altertum,

geht selbstgerecht das Pharisäertum.

 

Fromme Hände rechnen den Börsenstand.

Wie ein König wird Gott dann groß genannt.

Unterm Kreuz ist Gold ihr Heiligtum.

Da kniet betend das Pharisäertum.

 

Missionare ziehen zum Kreuzzug aus,

exorzieren den bösen Geist hinaus.

„Unmoral zeigt tiefes Heidentum!“

So droht heuchelnd das Pharisäertum.

 

Kommt ein Krieg, dann üb Vergesslichkeit.

Du darfst töten! Gewinn dir Seligkeit:

„Gott mit dir! Kämpf voller Heldentum!“

Blut verlangt das Pharisäertum.

 

Kirchenwände glitzern im Goldschmuck weit.

Und der Priester predigt im samtnen Kleid.

„Baut mehr Kirchen, dem Herrn zum Eigentum!“

fordert laut das Pharisäertum.

 

„Dient und beichtet, wascht euch von Sünde rein,

opfert reich, betet und kniet auf Stein,

befreit die Welt von allem Ketzertum!“

fordert laut das Pharisäertum.

 

Pharisäer drehn mir den Tag zur Nacht.

Und sie drohen mir mit der Teufelsmacht,
zeigen mir ihr Höllenchristentum.

Wer bekehrt das Pharisäertum?

Wer befreit uns vom Pharisäertum?

 

Ist Dir gar nicht aufgefallen, Phil, dass Du so nur den Leuten nach dem Munde gesungen hast, die doch sowieso schon Deiner Meinung waren? Du hast innerlich gebrannt, und da wirkt ein klares Feindbild wie Zunder. Und wenn man etwas begreifbar machen will, kann man mit einfacher Schwarz-Weiß-Malerei deutlicher auf den Punkt bringen, was man vermitteln möchte.

 

Ein 24-jähriger Brausekopf spitzt die Dinge eben zu, an denen er leidet und die er ändern will. Lebenserfahrung und Einsichten eines reifen Mannes? Woher soll er sie haben? Aber deshalb muss er doch nicht die Klappe halten. Wer soll denn sonst die Welt besser machen, wenn nicht die jungen Leute.

 

Es sind Dir aktuelle Lieder zu zeitlosen politischen Themen gelungen, die so zu zeitlos aktuellen Liedern wurden, die noch heute genauso mitreißen... Man braucht nur ein paar Worte auszutauschen, ein wenig am Inhalt zu verändern, vielleicht den Handlungsort verlegen, die Personen auswechseln - schon stimmt die Geschichte wieder. Wie die über illegale mexikanische Einwanderer in Kalifornien, die damals wie heute gerne für schlecht bezahlte Arbeit genommen werden, wenn sie es denn unter Lebensgefahr über die Grenze schaffen, von gewissenlosen Geschäftemachern ausgepresst.

 

Weißt Du was? Lassen wir die Geschichte einfach mal hier stattfinden: Mit Asyl Suchenden aus Afghanistan, dem Iran, aus Afrika, mit Roma aus Rumänien, Flüchtlingen aus Syrien, Somalia oder Eritrea, die sich von gewissenlosen Schlepperbanden auf überladene Nussschalen oder verrostete Geisterschiffe verfrachten lassen, um übers Mittelmeer zu kommen, für die fast jedes europäische Land das gelobte Land ist, ob das den Europäern passt oder nicht, ganz egal, was sie beschließen, um die Grenzen dicht zu machen.

 

Es hätten statt der Mexikaner, die Du in Deinem Lied "Bracero" besungen hast, auch die Chinesen sein können, die vor Jahren in verplombten Containern umgekommen sind, als sie illegal nach England wollten und kriminellen Schleppern in die Hände gefallen waren. Bei mir heißt das an Europa angepasste Lied "Willkommen".

 

08 Willkommen      „Bracero“  Phil Ochs                 a/2

Die Nacht ist ohne Sterne,                                                           a

als sie in den Frachtraum steigen,                                  G

eingeschärft, sie müssen schweigen - na klaro.                            F E

Den Wagen gut verplomben.                                        a

Man soll sie ja nicht entdecken,                                     G

deshalb solln sie sich verstecken - na klaro.                  F E E7

 

Willkomm’ in Alemania -                                               F G C a

wo so nette Nachbarn sich um dich bemühn...            d G a

 

Sie haben schlecht geschlafen,

Angst sitzt kalt in ihrem Nacken,

nur eine Tasche packen - na klaro.

Sie geben ihr Erspartes

an die Schlepper für die Reise

ohne Quittung und Beweise - na klaro.

 

Und plötzlich hält der Wagen.

Sie hörn lauter fremde Stimmen,

sehn durch Ritzen Kippen glimmen - na klaro.

Sie sitzen da und schwitzen.

Die Angst lässt sie nicht alleine.

Draußen wandern ein paar Scheine - na klaro.

 

Dann läuft der Motor wieder.

Weiter geht’s ins Ungewisse.

In der Blase drückt die Pisse - na klaro.

Die Luft ist dick und stickig,

und nach ein paar dunklen Stunden,

ham sie wohl das Ziel gefunden - na klaro.

 

Sie steigen aus und hoffen.

Fremde Straßen, fremde Orte,

fremde Menschen, fremde Worte - na klaro.

Ihr Glück, das wolln sie suchen,

doch sie sind ohne Papiere,

also nicht viel mehr als Tiere - na klaro.        

 

Hast Du je von Kurt Tucholsky gehört, Phil? Der deutsche Schriftsteller hat nach dem ersten Weltkrieg an Deutschland genau so gelitten wie Du an Deinem Heimatland. Er ist den Militärfetischisten hierzulande heute noch, 80 Jahre nach seinem Tod, verhasst. Sie würden am liebsten jeden einlochen, der ihn mit seinem Text zitiert, in dem er Soldaten pauschal als Mörder bezeichnet hat.

 

Soldaten - was sind sie denn nun? Uniformträger, egal in welcher Uniform, die eben nicht nur Marschmusik blasen, sondern auch lernen, wie man tötet. Das ist ihr Handwerk. Waffen ihr Handwerkszeug - bedient man schließlich nicht nur so zum Spaß. Die tun doch nicht nur so als ob...  Das hattest Du doch schon ganz richtig erkannt... und konntest Dich bei den Militär-Fetischisten der USA mit dem Lied "Is There Anybody Here" nicht gerade beliebt gemacht haben. Ziemlich nah am Original such ich auch bei uns nach "Einem unter uns"...

 

08 Einer unter uns    „Is There Anybody Here“ Phil Ochs                   G/2

Tauscht hier einer unter uns                                                                        G

freiwillig sein Jackett mit einer Uniform?                                                   Ge

Denkt hier einer unter uns,                                                                         Ca

er könne sich nur retten grad in dieser Form?                                                          CD

Ist hier einer unter uns, der sich so gar nichts dabei denkt,                      eD

loyal bis in den Tod zu sein zu jedem, der ihn lenkt?                                eD

 

Stellt ihn mir vor. Ich will ihm Glück wünschen,                                       CD

ihm die Hand drücken.                                                                                G

Merkt den Namen euch, hängt ihm                                                            CD

Lametta an die Brust.                                                                                   G

 

Will hier einer unter uns, 

dass man ein frühes Grab mit einer Fahne deckt?

Denkt hier einer unter uns,

allein mit Waffen lernt ein Mann, was in ihm steckt?

Ist hier einer unter uns, der sich freiwillig gerne stellt,

mit Waffen umzugehn, und davon träumt, er wär’ ein Held?

 

Stellt ihn mir vor. ....

 

II: Ist hier einer unter uns,                                                                                         e

der sich mit Orden gern behängt?                                                              D

Der glaubt, dass die Angst vergehn wird,                                                  e

wenn er an was and’res denkt...                                                                  AD

Ich möchte ihn fragen, worauf er sich tapfer stützt.                                 H7 e

Ich möchte ihn fragen, was er glaubt, was ihm das nützt.                         ADD7

 

Ist hier einer unter uns, der meint,

Befehle auszuführen keinen schuldig macht,

dem ein Mord so gar nichts ausmacht,

wenn man nur dazu was and’res sagt?

Ist hier einer unter uns, der falschen Stolz trägt, gegen Wind,

mit der Ehre des Schlachtviehs, vor Gehorsamkeit ganz blind?

 

Stellt ihn mir vor. Ich will ihm Glück wünschen,

ihm die Hand drücken.

Merkt den Namen euch, hängt ihm

Lametta an die Brust...    :II

 

Als Du in Deiner kreativsten Phase warst, Phil, so Mitte der 60er Jahre, da gab es in den USA die Bürgerrechtsbewegung und laute Proteste gegen Krieg und Rassendiskriminierung. Zu der Zeit kämpften viele Deiner Altersgenossen in Vietnam. Die Themen für Lieder lagen quasi auf der Straße. Du musstest nur zugreifen. Und das hast Du auch getan.

 

Aber Du wolltest diese Themen nicht nur vertonen, sondern Zusammenhänge aufzeigen, die Leute zum Nachdenken bringen, mit der Nase auf das stoßen, was Du Ihnen klarmachen wolltest. Das geht, das hast Du schnell gemerkt, besonders mit Fragen, die man stellt. Du hast Dich aber auch singend um Antworten bemüht, nach bestem Wissen und Gewissen eines engagierten 25jährigen.

 

Ergänzungslied: "Auf den Knien"

Du hast versucht, Dir Lehren aus der Geschichte zueigen zu machen, versucht, diese Lehren in Deinen Liedern Deinen Zuhörern zu vermitteln: "Knock On The Door" war so ein Lied, das ich mit "Auf den Knien" zu übertragen versucht habe:

 

Auf den Knien    „Knock On The Door“  Phil Ochs                                a/2

Zu fast jeder Zeit, in fast jedem Land                                                  a  a/G

liegt manch eine Waffe in manch einer Hand                                        C E

und sorgt so dafür, dass alles so bleibt,                                                  a a/G

und das Volk nicht auf einmal die Herren vertreibt.                              C E

Und es liegt auf den Knien, liegt auf den Knien.                                     a da

Darum können die Herrn übers Volk herziehn, herziehn.                      C E a

 

Im alten Ägypten war der Pharao groß.

Der Fellach war geplagt. Er trug ein schweres Los.

Kamen auch andre Herren - der Bauer blieb Knecht,

denn die Macht war zu mächtig. Dem Volk ging es schlecht,

und es lag auf den Knien, lag auf den Knien.

Darum konnten die Herrn übers Volk herziehn, herziehn.

 

Bei den Römern, da lebten die Herren recht gut:

Das Volk schien zufrieden mit Spielen und Blut.

Wir hören von Feldherrn, von Schlachten und Sieg.

Doch wer nennt die Toten - das Volk litt im Krieg

und es lag auf den Knien, lag auf den Knien.

Darum konnten die Herrn übers Volk herziehn, herziehn.

 

Die Jahre vergingen, bis in unsere Zeit.

Der Faschismus kam und er brachte viel Leid.

Weil die Herren es wollten, wurde mobilisiert,

in so vielen Schlachten manch Volk dezimiert,

und es lag auf den Knien, lag auf den Knien.

Darum konnten die Herrn übers Volk herziehn, herziehn.

 

Heut heißt so manches anders, und vieles scheint neu.

Es wehn andre Fahnen, doch die Macht ist sich treu.

Ob da Funktionäre, ob hier Kapital -

man sitzt auf den Völkern, trotz Wohlstand und Wahl,

denn es liegt auf den Knien, liegt auf den Knien.

Darum können die Herrn übers Volk herziehn, herziehn.

 

Sieh heut über die Grenzen, sieh in jedes Land.

Sieh auf all die Herren mit blutiger Hand.

Mach deine Augen auf. Sieh, was sie tun.

Und pass auf! Du darfst nicht riskiern, auszuruhn,

sonst liegst du auf den Knien, liegst du auf den Knien,

und musst dulden, dass sie über dich herziehn, herziehn.

 

Hättest Du mit 35 andere Antworten gehabt? Oder heute, mit noch weitaus reiferer Lebenserfahrung eines über Siebzigjährigen? "Ich werde niemals mehr marschiern" hast Du gesungen, mit 25 - gleichzeitig warst Du aber auch damals schon dagegen, dass Völker auf den Knien lagen, dass Gewalttäter über sie hinweg ziehen konnten. Das war für Dich kein Widerspruch, auch wenn es heute so scheinen mag.

 

Aber Hitler hättest Du doch auch nicht gewähren lassen, wärst Stalin doch auch entgegengetreten, auch wenn Du die Kommunistenhasser in den USA gerne provoziert hattest, z.B. damit, dass Du auf eine Plattenhülle eher revolutions--romantische Gedichte abgedruckt hattest, verfasst von Mao Tse Tung während des "Langen Marsches" seiner Roten Armee, versehen mit der Frage, ob das denn wirklich nun der Feind sein könne...

 

Du hättest doch auch gegen Diktatoren gesungen, die wie Saddam Hussein oder Assad gegen das eigene Volk Giftgas einsetzten, hättest Milosevic oder Karadzic daran hindern wollen, in Bosnien Muslime zu ermorden, hättest Dich gegen die Terroristen des sog. Islamischen Staates gestellt, in Syrien, im Irak oder Libanon, gegen Bokko Harram in Nigeria, die Al-Schabab-Milizen in Somalia oder Kenia, oder gegen die Taliban in Afghanistan oder Pakistan...

 

Wie hättest Du auf Terroristen reagiert, die Flugzeuge ins World-Trade-Center gelenkt haben? Hättest Du Bushs Anti-Terror-Krieg unterstützt? Guantanamo verteidigt? Hättest Du sogar Blauhelme abgelehnt? Wärst Du hier ein "Grüner" geworden? Ein "Realo", ein "Menschenrechts-Bellizist"? Oder ein Fundi-Peace-Nic, der unter keinen Umständen Waffengebrauch rechtfertigen mag. Ein 25jähriger kann und darf anders denken und andere Meinungen vertreten als ein betagter Mensch - und Fragen stellen darf man doch ein Leben lang.

 

Die Fragen, die Du in Liedern gestellt hast, haben auch andere bewegt. Auch sie haben versucht, sie aktuell zu beantworten, in eigenen Liedern, oder indem sie Deine Lieder aktualisiert haben. Der britische Singer/Songwriter Richard Thompson, der Dich Ende der sechziger Jahre als ganz junger Mann kennenlernen konnte, hat Dein Lied, das Du zum Vietnamkrieg geschrieben hattest, sinnvoll für unsere heutige Zeit ergänzt... Du hättest gewiss nichts dagegen gehabt… schließlich hast Du Dich gefreut, wenn andere Deine Lieder nachgesungen haben.

 

Einige Deiner Lieder mit Deinen Fragen und Deinen Antworten haben Dir am Ende gar nicht mehr gehört, wie diese "Anti-Kriegs-Hymne“ "I Ain't Marching Anymore". Du hast klare Kante formuliert - ich brauche dazu einen längeren Anlauf und wage dies erst am Ende des Liedes. Vorher war mir die Frage wichtig "Wohin bringt uns das Marschiern".

 

09 Wohin bringt uns das Marschiern „I Ain’t Marchin’ Anymore“  Phil Ochs /                Richard Thompson  C/1

Ich zog in die große Schlacht bei Sedan                                                     CFG

in den siebzig-einundsiebzger Krieg.                                                                        CFG

Ein Staat war geboren - junges Blut war verloren.                                     CFda

Wohin bringt uns das Marschiern?                                                             FG

 

In vielen andern Kriegen bracht ich meinen Anteil um,

war bei jeder Metzelei dabei,

hörte viele Helden schwärmen sah noch mal so viele sterben.

Wohin bringt uns das Marschiern?

 

Jahrhunderte hat diese Welt Soldaten produziert,                                     da

verbrannte Erde, Witwen, Hass und Leid.                                                 daG

Und alte Frontsoldaten prahlen mit ihrn Heldentaten.                                            dda

Jetzt noch wie zu jeder Zeit.                                                                        FG

 

Ich flog den letzten Einsatz in japanischer Luft,

pflanzte den Atompilz auf das Land,

sah so viele Häuser brennen, Menschen - nicht mehr zu erkennen.

Wohin bringt uns das Marschiern?

 

In Vietnam hab ich mit Gift den Regenwald entlaubt,

in Kuweit Ölquelln angesteckt.

Sah in Bosnien Menschen fliehen, angstvoll, schwach und auf den Knien.

Wohin bringt uns das Marschiern?

Die Herren mit der Macht sind es, die Kriege arrangiern.

Die kleinen Leute liegen dann im Blut.

Kann sich das Kämpfen lohnen, mit Bomben und Kanonen?

Sag mir, wozu ist es gut...?

 

Hätt Kennedy auf seinen Generalstab blind gehört,

und mit Atom auf Cuba reagiert,

damals im zweiundsechz'ger Jahr,

wärn wir heute wohl noch da...?

Gäb’s einen, der noch mitmarschiert?

 

Glaubst du vielleicht, die hätten was aus Vietnam gelernt?

Krieg kann man doch am Ende nur verliern.

Denn den Floh, der dich frech sticht,

trifft ein Baseball-Schläger nicht -

darum will ich nicht mitmarschiern.

 

Vom Weißen Haus, da schießt man aus der Hüfte scharf,

will wie John Wayne nur Stärke demonstriern.

Wär die Kriegslust halb so stark,

wenn kein Öl wär im Irak -

drum will ich nicht mitmarschiern.  (kursiv: von Richard Thompson)

 

Heut haben wir die Bundeswehr mit jungen Offiziern -

doch manche lieben mehr den alten Ton.

Quälereien und Schikanen, Töten lernen hinter Fahnen...

Wohin bringt uns das Marschiern?

 

Ohnmächtig den Frieden sichern, zwischen Fronten stehn -

mit blauem Helm ein gut sichtbares Ziel.

Terroristen, Mörderbanden ihre Opfer immer fanden -

wer es mag, der mag marschiern...

 

Ich will für fremde Machtgier keine Menschen massakriern.

Mörder werd ich nicht für Orden oder Geld.

Dem Mann, der dort mein Feind sein soll,

dem geht’s doch so wie mir. Was hab ich davon, wenn er fällt?

 

Betriebsratsbosse schrein noch,

wenn die Rüstungsfabrik schließt.

Die Wirtschaft schreit nach Rohstoff und Profit.

Nenn’s Verrat, nenn es Friede, nenn’s Vernunft, nenn es Liebe

ich werd niemals mehr marschiern!  2x         

 

Ergänzungslied "Wir sind die Sheriffs der Welt"

Dein Heimatland hatte sich Anfang der Sechziger Jahre in der Rolle des Weltpolizisten eingerichtet - nicht nur aus idealistischer Haltung heraus, dass ja schließlich ein Land mit genügender Stärke für Ordnung auf der Welt sorgen müsse, sondern letztlich auch aus den rein ökonomischen Gründen, damit die heimische Rüstungsindustrie gut verdienen konnte, denn was nützten schließlich Waffen, die nicht zum Einsatz kamen und für die kein Ersatz nötig wurde. Sie mussten schließlich ja Verwendung finden...

 

Und aus vielen Ecken der Welt hatte man ja auch hoffnungsvolle Blicke auf Washington geworfen, wenn die politische Entwicklung mal nicht so lief, wie es den amerikanischen Freunden und Verbündeten gefiel. Dir hat das gar nicht gefallen, dass sich die USA auf diese Weise zum Handlanger und zur Schutzmacht von Diktatoren und autoritären Regimen aufgeschwungen hatte, und dass sich die amerikanische Regierung, der amerikanische Kongress am Nasenring der Rüstungsindustrie über die Weltbühne ziehen ließ. Du hast die "Cops Of The World" besungen, die bei mir zu "Wir sind die Sheriffs der Welt" wurden:

 

Wir sind die Sheriffs der Welt  "Cops Of The World"  Phil Ochs           E/-1

 

Los, macht euch aus dem Weg, ihr.                                                     EAE

Marsch, macht euch aus dem Weg.                                                      EAE

Seid dabei nicht so träg, ihr!                                                                GCG

Seid dabei nicht so schrecklich träg.                                                      GCH7

Wir drehn sonst den Hahn ab, dann trocknet ihr aus.                            EA

Provoziert nicht! Es kommt für euch nichts dabei raus.                           EA

Doch seid ihr hübsch brav,                                                                  EH7

kriegt ihr auch etwas Geld.                                                                 EAH7A

Wir sind die Sheriffs der Welt, tja,                                                      H7 E

sind die Sheriffs der Welt.                                                                   H7 E

 

Macht keinen Ärger, seid schlau stets.

Macht keinen Ärger, seid schlau.

Denn wir durchschaun euch genau stets.

Wir durchschauen euch ganz genau.

Wenn ihr euch lang sträubt, dann wird schnell reagiert.

Wir mögen das gar nicht, wenn so was passiert.

Also bleibt, wo ihr seid,

wo wir euch hingestellt.

Wir sind die Sheriffs der Welt, tja,

sind die Sheriffs der Welt.

 

Wir nehmen gern, was ihr gebt, an.

Nehmen, was ihr uns gebt.

Wenn’s euch mal widerstrebt, dann.

Wenn’s hin und wieder euch widerstrebt.

Dann machen wir euch schon das Gegenteil klar.

Weiße Kragen sind ehrlich, darum reden wir wahr.

Nun zeigt, was ihr habt,

mal sehn, ob’s uns gefällt.

Wir sind die Sheriffs der Welt, tja,

sind die Sheriffs der Welt.

 

Wir sind euer Vorbild, nun seht mal.

Wir sind euer Vorbild, seht her.

Wir zeigen euch gerne noch mehr mal.

Zeigen euch gerne noch so viel mehr.

Unser System ist bis heut unerreicht.

Darum strengt euch an, bis ihr uns endlich gleicht.

Und habt ihr’s geschafft,

hat’s geklappt wie bestellt.

Wir sind die Sheriffs der Welt, tja,

sind die Sheriffs der Welt.

 

Unsere Währung ist hart, ja,

unsere Währung ist hart.

Bei uns wird auch fleißig gespart, tja,

wird auch fleißig viel Geld gespart.

Wir könn’ nicht viel geben, wolln selbst investiern,

und nach einer Weile ganz groß abkassiern.

Wird dabei auch mancher

ganz böse geprellt -

Wir sind die Sheriffs der Welt, tja,

sind die Sheriffs der Welt.

 

Mit unsern Freunden geht sacht um,

lasst unsern Freunden die Macht.

Sie haben euch gut bewacht, drum,

vor eurer Dummheit euch gut bewacht.

Sie sorgen für Ruhe, für unsern Gewinn.

Wenn ihr Ärger macht, hat die Freundschaft kein’ Sinn.

Wir raten euch nur,

dass ihr ja richtig wählt -

Wir sind die Sheriffs der Welt, tja,

sind die Sheriffs der Welt.

 

Wir verdienen an euch gut,

wir verdienen so gut.

Kostet es auch etwas Blut, gut,

kostet es auch vielleicht euer Blut:

Das ist für die Freiheit, für Demokratie.

Auf unsere Gewinne verzichten wir nie.

Das ist uns’re Freiheit, die uns so gefällt.  

Wir sind die Sheriffs der Welt, tja,

sind die Sheriffs der Welt.

 

Idealismus, Phil, schön und gut. Aber was nützt er? Karriere funktioniert so nicht. Leute, denen man auf die Zehen steigt, treten oft gegen das Schienbein. Wie kannst Du einen Fernsehboykott organisieren und trotzdem darauf hoffen, dass man Dich in eine Fernsehshow einlädt... Klartext reden, wichtige Leute bloßstellen, sie in Liedern lächerlich machen. So legt man der eigenen großen Karriere selber Steine in den Weg...

 

Der Schlüssel zum kommerziellen Erfolg, Phil - das hat Bob Dylan doch gezeigt - der liegt im Nebel, im Unverbindlichen. Wer auf Klartext verzichtet, seine Texte verschlüsselt, lässt andere heraushören, was sie wollen - und dann hören sie gerne zu. Singt einer unverblümt, was er denkt, hören all diejenigen weg, die anderer Meinung sind, und die das deshalb gar nicht hören wollen. So einfach ist das.

 

Irgendwann ist Dir das dann wohl auch klar geworden, sodass Du sogar bereit warst, vorsichtig Kompromisse zu machen. Hast gedacht, Du hättest es sogar schon hinbekommen... aber Dich leider für die falschen Plattenproduzenten entschieden. Sie haben Dich nicht dafür gewinnen können, Dich musikalisch am breiten Publikumsgeschmack zu orientieren.

 

Hippie-Flower-Power, das war nicht Deine Welt, auch wenn sich dort ein Barry McGuire im kommerziellen Protest versuchte und den "Eve of Destruction" besang. Das war Dir wohl viel zu pauschal, zu allgemein, nicht auf den Punkt gebracht. Aber Du wolltest endlich ein Künstler werden, der akzeptiert wurde, anerkannt, natürlich am liebsten mit großem Erfolg, mit Karriere, so wie Joan Baez, die schon Jahre vorher mit Deinem "There But For Fortune" in die Hitparaden gekommen war.

 

Was hättest Du dafür gegeben, wäre es Dir auch vergönnt gewesen. Aber am liebsten mit einem Lied, aus dem Deine Vision von einer besseren Zukunft deutlich wurde. Was war denn für dich persönlich eine bessere Zukunft? Welches Glück hast Du gesucht? Dem Erfolg hinterher jagend, dem Geld nach? Der Karriere hinterher, davon besessen, als ob es nichts Besseres geben könne?

 

Hast Du Dich nie mal gefragt, warum Du genau das so dringend wolltest? Nie gefragt, wo es Dich hinführen konnte, wo Du landen könntest? Dein Lied "There But For Fortune" heißt in meiner eng ans Original angelehnten Fassung "So wird's uns auch gehn".

 

10 So wird's uns auch gehn There But For Fortune“  Phil Ochs     C/2   

Zeig mir den Kerker. Zeig mir den Knast.                                                C f C f

Zeig mir den Häftling, der sein Leben blass verpasst.                                              CaDD7GG7

Ich zeig dir einen jungen Mann, der viel erklären kann.                           C a d G

So wird's uns auch gehn, gehn wir's nicht besser an.                                 eaDD7 G

 

Zeig mir die Straßen. Zeig, wolang die Schienen gehn.

Zeig mir die Penner, die nachts im Regen stehn.

Ich zeig dir einen jungen Mann, der viel erklären kann.

So wird's uns auch gehn, gehn wir's nicht besser an.

 

Zeig mir die Reste des Erbrochenen vor der Tür.

Zeig mir den Säufer, wie er taumelt neben dir.

Ich zeig dir einen jungen Mann, der viel erklären kann.

So wird's uns auch gehn, gehn wir's nicht besser an.

 

Zeig mir das Land, auf das der Bombenhagel fiel.

Zeig die Ruinen - von den Häusern blieb nicht viel.

Ich zeig dir ein junges Land, das viel erklären kann.

So wird's uns auch gehn, gehn wir's nicht besser an.

irgendwann.

 

Es immer besser zu machen, die Gesellschaft verändern zu wollen, das ist ein legitimes und bewundernswertes Ziel. Aber gleichzeitig dem kommerziellen Erfolg nachzujagen, Phil, doch immer der Karriere nach - wie sollte das funktionieren? Wie passt das zusammen? Hättest Du das überhaupt unter einen Hut bekommen können?

 

In den ersten Jahren hast Du Dir in der Szene einen Namen gemacht, bist von einer Demo zur nächsten gezogen, warst auf Kundgebungen zu hören, hast auf den Pritschenwagen gesungen, beim Gesang zwischen den Rednern die Gitarre zum einzigen Mikrofon hochgezogen bis knapp unter das Kinn, immer in der vordersten Reihe, gehörtest zur Protestprominenz. Die "Bewegung" braucht Dich, das hast Du wirklich geglaubt, aber hast nicht Du mehr die "Bewegung" gesucht und gebraucht? Ihr hast Du doch alles untergeordnet, alles, auch Deine Frau und Deine kleine Tochter. Waren Sie Dir nicht so wichtig? Nicht wichtig genug? Hast Du als Weltverbesserer andere Ziele wichtiger genommen?

 

Wenn Du versucht hast, mit Deinen Liedern die Revolution herbeizusingen eine besser Zukunft, ein besseres Leben... für wen hast Du es getan? Dabei gar nicht an sie gedacht? Und wenn Du enttäuscht gewesen bist, dass Deine ersehnte Karriere nicht kommen wollte - hast Du keinen Trost bei ihnen gesucht?

 

Du warst wie besessen, so rastlos, ruhelos, hast nicht nur Deine Familie und Freunde hinten angestellt, sondern auch Dich selbst - da ist es doch nicht erstaunlich, dass Du überdreht warst, und oft genug fix und fertig, schon lange bevor Dir die Hoffnung Stück für Stück abhanden kam, und Du nur noch versucht hast, Dich vor Deinen schlimmen Depressionen auf zwei Arten zu schützen: Mit Aktionismus und Alkohol. Hat Dich niemand auffangen können? Du warst krank, manisch depressiv, wie schon Dein Vater - hat das zu dieser Zeit niemand so richtig erkannt? Hast Du es selbst gewusst, aber es niemandem gesagt?

 

Ergänzungslied "Schnür deine Stiefel auf"

Hat Dein Freund Eric Andersen, auch ein Sänger wie Du, mit dem Du oft durch die Szene in New York gezogen bist, Dich vor Augen gehabt, als er dieses Lied verfasst hat und darin Dich so treffend beschrieb?

 

11 Schnür Deine Stiefel auf „Thirsty Boots“   Eric Andersen C/-2  

Schon lange ziehst du durch die Stadt,                                   Cea a/G

schläfst oft sogar im Park.                                                   FC

Die Kleider stehn vor Dreck -                                               Cea a/G

doch noch bist du in Sprüchen stark.                                      FG

Was du im Zorn gesagt hast,                                                Cea a/G

tut dir später wieder leid.                                                      FC

Du läufst im Kreis nur weg vor dir                                        CFC

und so verrinnt die Zeit.                                                       FG

 

Nun schnür deine Stiefel auf                                                 CF

und ruh dich mal aus.                                                          CF

Wie lang warst du in keinem Bett,                                        Ce

wie lange nicht zu Haus?                                                     dG

Ob ich dich wohl zum Lachen bring?                                    CF

Glaub, dass du es noch kannst.                                                           CF

Und irgendwann kommt auch                                               Ce

in deine Augen wieder Glanz.                                               dGC

 

Sag mir, was du erlebt hast.

Sag mir, was hast du gesehn?

Was hast du ausgehalten?

Wann konntst du nicht widerstehn?

Wovor bist du geflohn?

Lief dir das Glück mal übern Weg?   

Ist es vor dir davon gerannt?

Oder warst du nur zu träg?

 

Ich weiß, du bist hier gar nicht fremd

und kennst dich sehr gut aus.

Was hat dich hier vertrieben?

Woran kaust du? Spuck es aus.

Hat dir nie einer zugehört? -

Ich hab zwei offne Ohrn.

Entlaste dich und bald fühlst du dich

schon wie neu geborn.

 

Ergänzungslied "Positiv bleiben"

Nicht alle, die sich da in der New Yorker Folk-Szene tummelten, waren sich grün. Natürlich gab es Neid und Eifersüchteleien. Erfolg wollte schließlich jeder. Nicht jeder kann Kritik vertragen - und Bob Dylan schon gar nicht. Wie hast Du es auch wagen können, ein neues Lied von ihm, als er es Dir exklusiv vorgespielt hat, nicht als das Beste zu würdigen, was er je geschrieben hatte...

 

Es war nicht das beste, hast Du ihm gesagt, als er Dich gefragt hatte. Und Du hattest ja recht - wie Du gemeint hattest, so, wie Du immer gemeint hattest, recht zu haben, und Dylan war sauer. Er hat ungläubig gefragt, ob er Dich richtig verstanden hat, und dann, als Du bei Deiner Ansicht geblieben bist, aus dem Taxi geworfen, gleich an der nächsten Ecke.

 

Später hat Dylan dann eines der bösesten Lieder verfasst, die je geschrieben wurden - mit dem er die Grenzen für Texte in der Popmusik neu gezogen hat, speziell für Dich, den Verräter, der den Kniefall vor ihm, dem King of Folk, verweigert hatte...

 

12 Positiv bleiben „Positively 4th street“ Bob Dylan                                                            G/5

Du bist ja ganz schön dreist, zu behaupten, du wärst doch mein Freund.                             GaCG

Als es mir mies ging, standst du grinsend vor mir.                                                   GDCeD

 

Du bist unglaublich dreist, zu sagen, du wärst immer für mich da.

Du willst doch nur bei den’ sein, die gewinnen.

 

Du sagst, ich hätt’ dich enttäuscht, und weißt genau, dass das nicht stimmt.

Hätt’ ich dir weh getan, könnt’st du’s ja zeigen.

 

Du sagst, dein Vertrau’n sei weg, dabei kann das ja gar nicht sein.

Du hattest nie Vertraun, kannst keins verlieren.

 

Ich weiß, warum du mich so verlogen in die Pfanne haust.

Ich kenn all die, mit denen du jetzt rumhängst.

 

Hältst du mich für so blöd, dass ich noch mit dir Zeit verschwend’,

mit einem, der’s nicht checkt, nicht weiß, wo’s langgeht.

 

Läufst du mir über’n Weg, dann tu doch nicht so überrascht.

Du sagst: „Wie geht’s“, “Mach’s gut“ - und bist nicht ehrlich.

 

Du weißt so gut wie ich, du gäbst was drum, träf’ mich der Schlag.

Traust du dich nicht, mir’s ins Gesicht zu sagen?

 

Nein, ich genieß ihn nicht, den Kummer, der dich gerade quält.

vielleicht würd’ ich ihn dir stehlen, wenn ich’s könnte.

 

Ich weiß, es reicht dir nicht, dort zu stehn, wo du jetzt stehst.

Doch merk dir, mich störn nicht deine Probleme.

 

Ich wünscht dir einmal nur, dass du an meiner Stelle wärst,

und nur für ein’ Moment wär’ ich an deiner.

 

Ich wünscht dir einmal nur, du könnt’st an meiner Stelle sein,

und sehen, wie beschissen du doch aussiehst....

 

Wir erinnern uns: "Zeig mir den Säufer" hast Du gesungen, Phil. Du hättest nicht lange suchen müssen. Hast Du, als dann der ersehnte Erfolg immer länger auf sich warten ließ, mal in den Spiegel gesehen, gemerkt, wie sehr Du unter die Räder gekommen bist?

 

1968 aber wurde für Dich alles anders. Was war passiert in diesem Jahr? Fassen wir für diejenigen, die sie nicht miterlebt oder vergessen haben, die für Dich wesentlichen Ereignisse zusammen:

 

Vor der Präsidentschaftswahl im November, bei der der Nachfolger von Lyndon B. Johnson zu wählen war, trafen sich im Spätsommer in Chicago die Delegierten der Demokratischen Partei, um ihren Kandidaten zu nominieren. Im Rennen waren Johnsons blasser Vizepräsident Hubert Humphrey, der Liebling der progressiven Liberalen McGovern und als Hoffnungsträger derjenigen, die immer noch dem ermordeten Präsidenten John F. Kennedy nachtrauerten, dessen Bruder Robert Kennedy.

 

McGovern schien absolut chancenlos, sich gegen einen republikanischen Kandidaten Richard Nixon durchsetzen zu können. Phil Ochs, der sich zunächst für McGovern eingesetzt hatte, war von Robert Kennedy persönlich gebeten worden, das Lager zu wechseln - kurz bevor nun auch dieser Kennedy, der mittlerweile der aussichtsreichste Kandidat geworden war, wie sein Bruder ermordet wurde.

 

So blieb den Demokraten als einziger, mehrheitsfähiger Bewerber nur Hubert Humphrey, der für die linksintellektuellen Anhänger der Demokraten eine Provokation war, und der ihnen alle Hoffnung auf eine Modernisierung und Liberalisierung der Gesellschaft nahm. Es kam zu heftigen Protesten und gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Humphreys Gegnern und der Polizei.

 

Hat Dich, Phil, der Verlauf des Parteitags der Demokraten so desillusioniert, dass Du im Sommer 1968 so aus der Bahn geworfen wurdest? Sicher nicht nur die Ereignisse von Chicago, denn vorher war schon mehr passiert. Dein Hoffnungsträger war ermordet. Und dann hast Du in Chicago selber kräftig mitgemischt. Hast Du nur so Deine Enttäuschung verarbeiten können? Wolltest Du das, was sich nicht mehr ändern ließ, mit Aktionismus aushebeln?

 

Ein intellektueller Theoretiker bist Du doch nie gewesen. Auch kein Reden schwingender Agitator - das war doch Deine Sache nicht. Stottern, mit den Worten ringen müssen, wenn man sie nicht singen kann, macht unsicher. Du hast Dich zwar tapfer dagegen gewehrt, Deine Lieder gerne mit langen Ansagen erläutert, aber keine Ansprachen gehalten. Aber die faszinierenden "Yippies", die studentische Avantgarde, diese Chaoten um Jerry Rubin und Abbie Hoffman, die haben Dich magisch angezogen. Das war ein anderes Niveau als die bekifften Hippies, die mehr die eigene Glückseligkeit gesucht haben, als eine bessere Zukunft für alle.

 

Aber haben sie Dich nicht auch ausgenutzt? Warst Du für sie nicht nur deshalb interessant, weil Du immer noch Dein Publikum hattest? Sicher hätte es Dir gefallen, Sprachrohr der Intellektuellen zu sein, für die rebellische Jugend nicht nur zu singen, sondern für sie zu sprechen, ihr Deine Stimme zu geben, mit den Herrschenden und den Befehlserteilern als Schulmeister Klartext zu reden, den alten Säcken die Meinung zu geigen. Dich als junger, unangepasster Student zu fühlen, auch wenn längst schon gar kein Student mehr warst... war ja auch gar nicht wichtig...

 

"I'm Gonna Say It Now" - Du hast die richtigen Worte parat gehabt, und sie mit wunderschönen Melodien unterlegt und ihnen gesungen, was sie nicht hören wollten... "Ich sag's jetzt" hab ich meine Übersetzung genannt, um meinem Publikum verständlich zu machen, was Du gesungen hast. 

 

13 Ich sag's jetzt „I’m Gonna Say It Now“ Phil Ochs                           G/1

Ich bin nur ein Student, ihr Leut, der vieles noch nicht kennt,                GeCD

der gerne aus den Büchern lernt, die ihr mir Fleiß verbrennt.                  H7eAD

Da kann ich dann nicht schweigen. Darum leist ich einen Eid:                               GhCD

Wenn ich dazu was sagen soll, dann jetzt, denn jetzt ists Zeit.                  GeCDG

 

Ihr seid so gern so väterlich - doch meist wird nur gedroht.

Ihr lobt, was euch gefällt, und bannt das andere mit Verbot.

Am besten passt es euch, zeigt man nur Unterwürfigkeit.

Wenn ich dazu was sagen soll, dann jetzt, denn jetzt ists Zeit.

 

Ihr speichert meine Daten, mein Name wird notiert.

Und wenn ich einmal rülpse, ist das auch schon registriert.

Darüber mal zu reden, dazu seid ihr nicht bereit.

Wenn ich dazu was sagen soll, dann jetzt, denn jetzt ists Zeit.

 

Mit Argwohn reagiert ihr, wird euch Kritik bekannt.

Wer Kritik nicht lassen kann, ist schnell Sympathisant

des Terrors, wird verfolgt und lebt nicht mehr in Sicherheit.

Wenn ich dazu was sagen soll, dann jetzt, denn jetzt ists Zeit.

 

Drum redet nur und sagt, wie ihr euch eine Lösung denkt.

Doch wenn euch keiner zuhört, tja, dann seid nicht gleich gekränkt.

Ich weiß, ihr ward auch jünger, denn ich seh, wie alt ihr seid.

Wenn ich dazu was sagen soll, dann jetzt, denn jetzt ists Zeit.

 

Ich bin nur ein Student, ihr Leut, und halt mich für normal,

nehm mir das Recht auf Meinung raus, nicht nur bei der Wahl.

Droht ihr mir mit dem Maulkorb - auch davon wird man befreit.

Drum: Wenn ich dazu was sagen soll, dann jetzt, denn jetzt ists Zeit.

 

Ergänzungslied: Vergiss dein müdes Lied"

Wer einmal der Versuchung erlegen ist, in gereimten Texten und unter Verwendung einer Melodie das auszudrücken, was ihn gerade bewegt, ist bereits einer Sucht erlegen. Was damit seinen Anfang genommen hat, ist eine bleibende und beständige Suche nach dem bestmöglichen Lied, das man zu schreiben im Stande sein könnte.

 

Und je mehr Lieder man so im Laufe der Zeit zuwege bringt, um so mehr bemüht man sich um immer größere Perfektion der eigenen Fähigkeiten, um so stärker wird der Drang, dieses entdeckte eigene Talent bis an seine Grenzen zu bringen und sich in der Qualität dessen, was man zu Papier bringen kann, mit anderen zu vergleichen. Denn man möchte sich mit ihnen messen, um an ihnen zu wachsen.

 

Und je häufiger man das Hochgefühl bekommen und erlebt hat, dass doch das neueste Lied, das man gerade geschrieben hat, nun gewiss das beste sein dürfte, was man zu schreiben vermag, umso größer wird auch das Verlangen, es immer und immer wieder zu versuchen, etwas noch Besseres zu schreiben, weil es ja auch immer noch Lieder anderer Autoren gibt, deren Qualität man anerkennt und mit seinen eigenen Werken zu erreichen anstrebt.

 

Es sind die Vorbilder, zu denen man aufsieht, an denen man wächst, die einen zu nie ermüdendem Ehrgeiz motivieren. Und es sind auch die Konkurrenten, mit denen man mithalten möchte. Phil Ochs und Bob Dylan sind etwa zur gleichen Zeit Anfang der 60er Jahre in New York aufgetaucht und haben die damals entstehenden Folkszene bereichert. Bob Dylan hatte angesichts der Schnelligkeit von Phil Ochs, mit neuen Liedern auf Ereignisse zu reagieren, beeindruckt zugegeben, dass er mit Ochs nicht mithalten könne. Aber auch Phil Ochs hat Bob Dylan beneidet, um den wachsenden Erfolg, die Anerkennung, und auch um ein Lied, von dem er wünschte, er hätte es selbst geschrieben.

 

Es drückt wie kaum ein anderes Lied, die Fragwürdigkeit des Ehrgeizes aus, ein perfektes Lied schreiben zu wollen, weil es nämlich immer Klänge geben wird, bei deren Wahrnehmung wir uns eingestehen müssen, dass die menschlichen Ausdrucksmöglichkeiten eben nicht vollkommen sind. Doch wenn es diesen Ehrgeiz, diesen Drang, diese Sucht und diese Suche nach der ersten Versuchung nicht gäbe, dann gäbe es auch nicht so viele Lieder, die unser Leben bereichern.

 

14 Vergiss dein müdes Lied „Lay Down Your Weary Tune“  Bob Dylan  D/0

Das Lied der Vögel die Sonne weckt,                     DGD

die Nacht lauscht still und flieht.                            DhA

Der Morgenwind pfeift seine Melodie,                     DG

mit der der Tag einzieht.                                       DA  I GA

 

Vergiss dein müdes Lied, sei still.

Vergiss, was du da singst 

und überlass dich dem Rausch des Klangs,

den du selbst doch nie bringst.

 

Der Blitz kracht laut, dass der Himmel bebt,

der Donner grollt sich aus.

Der Regen trommelt im Sturm den Takt,

lautlos sucht Schnee Applaus.

 

Im Herbstwind Laub über Asphalt kratzt,

ganz leis fiel es vom Baum,

und im Orkan knarrt das nackte Holz,

träumt seinen Frühlingstraum.

 

Der kleinste Bach klingt wie Harfenspiel,

sein Plätschern ist Gesang.

Der Strom fließt mächtig wie ein Choral -

und dröhnt wie Orgelklang.

 

Die Seegischt zischt wie ein Beckenschlag,

die Welle tanzt auf Sand.

Die Brandung brüllt, Wogen brechen auf

mit Tusch an Felsenwand.      

 

 

 

2. Teil:   Abstieg und Ausstieg

Ergänzungslied "Dies Land ist mein Land"

 

15 This Land Is Your Land (Woody Guthrie)

This land is your land, this land is my land

From California to the New York Island

From the Redwood Forest to the Gulf Stream waters

This land was made for you and me.

 

Dies Land ist dein Land, dies ist mein Land,

ist Teil von uns und nicht irgendein Land,

reicht vom Atlantik bis zum Pazifik,

für uns gemacht, für dich und mich.

 

Geh ich die Wege, die vor mir liegen,

zieh Vögeln nach, die am Himmel fliegen,

und seh vom Gipfel in weite Täler -

seh dieses Land für dich und mich.

 

Es scheint die Sonne auf meine Wege,

die Äcker blühn und der Fluss fließt träge,

Ich hör die Winde ganz deutlich singen -

von diesem Land für dich und mich.

 

Die Volkshymne der USA, geschrieben von einem der wichtigsten, stilprägenden Folksänger, ist inzwischen längst ein Volkslied. Sie ist anders als die rund anderthalb Jahrhunderte ältere Nationalhymne über das Sternenbanner, die im Krieg gegen die britische Kolonialmacht geschrieben wurde und eine andere, nämlich kriegerische Funktion hatte.

 

"This Land Is Your Land", das Volkslied von Woody Guthrie, drückt in einfachen Worten den Traum von einem gelobten Land aus. Dort kann sich niemand auf Kosten anderer bereichern, weil die Reichtümer des Landes allen gemeinsam gehören. Der Text wurde mit der Hoffnung geschrieben, dass es irgendwann mal so sein könnte.

 

Dein Ansatz, Phil, als Du mit "Power and Glory" auf Deine Weise geantwortet hast, war ein anderer. Du hast der eher traurigen sozialen und gesellschaftlichen Wirklichkeit in den USA das vollmundige Gequassel einflussreicher konservativer Sonntagsredner gegenüber gestellt. Um so zu werden, wie manche Deiner Landsleute in übersteigertem Nationalstolz die USA schon sahen, hast Du das Land der unbegrenzten Möglichkeiten noch vor einem weiten Weg gesehen.

 

Doch das Ziel schien auch Dir viel zu reizvoll, als dass man es sich nehmen lassen sollte. Sich die Erreichung dieses Zieles nur zu wünschen oder auszumalen, war Dir nicht genug. Du meintest, man müsse schon selbst etwas dafür tun, wenn man es erreichen wollte.

 

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit hast Du eine riesige Lücke gesehen, genauso wie zwischen Verfassungstheorie und Praxis. Und die USA sind nicht das einzige Land, wo es so ist. Kritik, Phil, wie Du sie an Deinem Heimatland in Deinen Liedern formuliert hast, war und ist auch immer noch an anderen Ländern, an deren Regierungen angebracht.

 

In den 60er Jahren, als Du singend kein Blatt vor den Mund genommen und schonungslos mit der Wirklichkeit in den USA abgerechnet hast, wurde in der deutschen Bundesrepublik von Kanzler Erhard das hohe Lied der Freiheit gesungen. Aber gleichzeitig wurde als Ziel eine formierte Gesellschaft propagiert, um ängstlich die Spielräume für individuelle Freiheiten eng zu halten.

 

Diejenigen, die ab Mitte der 60er Jahre emanzipiert und unangepasst über die Grenzen dieser Spielräume hinaus strebten, hat man ausgegrenzt. Wer dagegen protestierend auf die Straßen ging, wurde und wird noch bis heute in der konservativen Presse als "68er" beschimpft und gerne für alle Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht. Freiheit durfte man sich schließlich doch nicht so einfach nehmen. Und was war Freiheit im anderen Deutschland wert, wenn sie den Menschen dort vorenthalten wurde, z.B. Ausreisefreiheit...

 

Und heute? Selbst Straßenmusiker brauchen in vielen deutschen Fußgängerzonen Erlaubnisscheine, damit man sie singen lässt... so ist sie, die "Freiheit auf Erlaubnisschein"... Ich war so frei, mir für meine eigene deutsche Textversion Deine Melodie zu nehmen, und mein Lied beim Blick auf die Wirklichkeit in meinem Lande mit viel mehr Ernüchterung zu singen, mit weitaus weniger Grundbegeisterung als Du sie Dir doch für Dein Land bewahrt hattest.

 

16 Freiheit auf Erlaubnisschein „Power And Glory“  Phil Ochs             G/3       

Komm, zieh mit mir durch dieses Land, sieh dir alles gründlich an,                       GF#eF#GF#e 

die Städte und die Dörfer, Frauen, Männer, halt dich ran.                                      GF#eF#aa/Ga/F#a

Sieh wie sie leben; sieh das Spießertum dort blühn.                                                 aa/Ga/F#a aa/Ga/F#a

Dann scheinen dir die Wiesen nicht mehr grün.                                                      CD

 

In diesem Land wohnen Duckmaus und Spießer.                                                    eh

Die wollen nicht von dir belästigt sein.                                                                     eD

Sie wolln Freibier und Freizeit, nenn es Freiheit für alle -                                       Gh

doch Freiheit gibts nur auf Erlaubnisschein, sie ist nur Schein.                              CD GF#eF#GF#e

 

Willst du dich davon überzeugen, geh von Nord nach Ost und West,

von da aus in den Süden, mach ganz einfach einen Test.

Was macht man mit Menschen, die voll Hoffnung hergeflohn?

Sperrt man sie ein - deportiert man sie schon?

 

Du hast die Freiheit, dich zu äußern, doch nimm dich dabei in acht.

Hast du die falsche Ansicht, wird ein Strick daraus gemacht.

Nur der braucht nichts zu fürchten, der in Schlagzeilen denkt,

die man jeden Tag an jeden Kiosk hängt.

 

Willst du was für dich erreichen, dann musst du dich gut maskiern,

im Gleichschritt mit den andern und noch vorneweg marschiern.

Tanz nicht aus der Reihe und denke stets daran,

dass man Extratouren nicht verzeihen kann.

 

Nimm dir deinen Chef als Vorbild - bleibe eine graue Maus.

Lass dich von der Masse schlucken, rage nicht aus ihr heraus.

Sei so wie deine Nachbarn, und leb nach ihrer Norm,

handele und denke ganz konform.

 

So gestalte dein Leben, wo du bist und wo du gehst.

Dann ist sicher, dass du nie auf einer schwarzen Liste stehst.

Die Freizeit halt geordnet, dein Freibier trink stets aus,

und zum Singen such die richt’gen Lieder aus.

 

Ergänzungslied "Wähle lieber liberal"

Die Liberalen, die  hattest Du in eine besondere Herzkammer geschlossen - oder sollte ich besser sagen in Deinen spöttischen Blick genommen, um nicht zu sagen "ins Visier"... Diese besonderen Menschen, die sich für aufgeschlossen und modern und fortschrittlich hielten, sich dabei in Zeiten, in denen es ihnen gut ging, gerne ein wenig schick und links von der Mittel verorteten, aber sobald sie für sich einen Nachteil witterten, schon wieder ihre Maske fallen ließen und gleich ein paar Meter nach rechts von der Mitte ausscherten.

 

Im Grunde mochtest Du über die Liberalen eigentlich kein Wort verlieren, jedenfalls nicht unvertont... Du hattest Dein Spottlied "Love Me, I'm A Liberal", das ich auf unsere lieben beweglichen Liberalen angepasst habe... Westerwelle und seine aalglatten Nachfolger lassen grüßen... "Wähle lieber liberal"

 

Wähle lieber liberal „Love Me, I’m A Liberal Phil Ochs          C/-1

Hör, Wähler, hier unsre Klagen.                                                                        CFC

Wir flehen um Mitleid euch an.                                                                          Ca

Es schlägt uns sofort auf den Magen,                                                                   CFC

wenn’s ohne uns auch gehen kann.                                                                       DD7 G

Was wollt ihr hörn? - Wir werden’s sagen!                                                           CFC

Wir bieten uns treuherzig an -                                                                             e F

lieber Wähler, wähle lieber liberal.                                                                      CFCGC

 

Gibt es zwei gleich starke Lager,

dann sind wir doch gerne am Zug.

Sind Minderheiten zu mager -

mit uns sind sie bald fett genug.

Wir helfen gern jedem Versager -

wenn’s sein muss, auch mit Wahlbetrug.

Lieber Wähler, wähle lieber liberal.

 

Man braucht uns als Mehrheitsbeschaffer.

Das ist unser Lebenszweck.

Gibt’s bei uns auch gierige Raffer -

für jeden gibt’s auch ein Versteck.

Wir hassen die neidischen Gaffer.

Die jagen wir ganz einfach weg.

Lieber Wähler, wähle lieber liberal.

 

Wir lieben Konzerne und Banken,

denn Spenden erhalten wir gern.

Wir wissen auch artig zu danken.

Spenden könn’ wir nicht entbehrn.

Wir setzen uns gar keine Schranken,

könn’ jedes Tabu überquern.

Lieber Wähler, wähle lieber liberal.

 

So gerne besetzen wir Posten.

Wir haben genug Personal.

Und haben wir mal hohe Kosten -

dann ist ein Kredit ganz normal.

Weil wir niemals rasten und rosten,

und Posten wolln nach jeder Wahl -

lieber Wähler, wähle lieber liberal.

 

Ergänzungslied "Allzu viel Lügen"

Phil, ist Dir mit den Jahren die Verlogenheit und Durchtriebenheit des Herrschaftssystems in den USA immer deutlicher geworden? Man bildet sich ja in der herrschenden Elite ne Menge darauf ein, dass man in dem austarierten Machtgefüge ein System geschaffen hatte, das keine unkontrollierte Macht zulässt. Auf der anderen Seite bietet es denjenigen, die populistisch auftreten und darüber hinaus auch noch viel Geld in ihre Wahlkämpfe investieren können, eine Menge Einflussmöglichkeiten, sodass sich sogar - der Familienclan der Kennedys hat es in den Sechziger Jahren bewiesen - sowas wie Dynastien entwickeln könnten. Der Geldadel macht es möglich.

 

Auf der anderen Seite hatten sich in den Sechziger Jahren die Konfrontationen um die Bürgerrechte zugespitzt. Der Kampf der Afro-Amerikaner um Gleichberechtigung fand immer wieder Rückschläge durch die Ermordung von Aktivisten oder ganz einfachen Leuten, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren und dort möglicherweise das Richtige zu laut gesagt hatten. Die Bürgerrechtler erlebten hilflos, wie immer wieder Menschen ermordet wurden, die sich für Gleichberechtigung einsetzten. Von diesen Märtyrern gab es schon viel zu viele.

 

"Too Many Martyrs" hast Du gesungen - und ich hab mir erlaubt, Deine Melodie zu nehmen und einen anderen Text darauf zu machen, über etwas, das es auch viel zu viel gab und gibt, wenn Mächtige sich auf Kosten Machtloser austoben wollen und können: "Allzu viel Lügen".

 

Allzu viel Lügen        „Too Many Martyrs“ Phil Ochs     a/1

Es lebte hier im Lande mal ein kleiner Funktionär.                              aCd

Was ich euch hier erzähle, ist noch gar nicht lange her.            Ga

Der strampelte nach Posten. Nur das eine war sein Ziel,          aCd

und welche Mittel dazu nützten, scherte ihn nicht viel.              Ga

 

Allzu viel Lügen und allzu viel Schleim,                                             dGCea

allzu viel Fäulnis bis weit in den tiefsten Keim.                       dGCea

Opportunismus scheint nur das zu sein, was zählt -                dGCea

und so was wird auch noch gewählt.                                       dGa

 

Mit Mauschelei und Falschheit, Intrigen und mit Fleiß

stieg er auf seiner Leiter hoch und scheute keinen Schweiß.

Mit spitzen Ellenbogen, gegen jeden, der im Weg,

plante er seine Karriere, balanciert er auf dem Steg.

 

Er dreht sich flink im Winde, gerade wie die Mehrheit geht.

So kommt es, dass er niemals lang zu seiner Meinung steht.

Vergessen kann er schnell, was er gestern noch vertrat.

Den Posten nicht verliern, das ist, was er im Auge hat.

 

Die Sache ist egal, es geht nur um seine Person.

So manchen Einfluss hat er schon, so manche Position.

Verrät ohne zu zögern den, der gestern zu ihm stand,

wenn er daraus nur Vorteil zieht, mit gierig feuchter Hand.

 

Von dieser Sorte gibt es viel zu viele unter uns.

Seht euch mal um, auch hier hat sicher mancher eure Gunst.

Heut schon auf hoher Sprosse - ihr habt sie dahin gestellt!

Sorgt nun dafür, dass ihr Komet in dunkle Tiefen fällt.

 

Wie war das in Chicago, Phil? Was hast Du selbst erlebt, draußen mitbekommen, als es wirklich losging, der Protest auf den Straßen eskalierte. Warum bist Du vor dem Fernseher geblieben, hast Dich nicht aus dem Hotelzimmer getraut? Hast Du Angst bekommen, wolltest lieber in Sicherheit bleiben, während es draußen Randale gab? Warst Du abgestürzt, hattest Dir aus Enttäuschung über das, was dort ablief, die Kante gegeben? Oder hat Dich Vernunft abseits gehalten, warst Du verschreckt durch die erlebten Aggressionen?

 

Da war ja keine Seite zimperlich: Die Polizei nicht, die der Bürgermeister zum Schutz des Parteitages zu Hilfe gerufen hatte, und auch nicht die "Yippies“, die ihrer Wut auf das "Schweine-System" freien Lauf ließen. Das war mehr als ein harmloses Happening oder ein fröhliches Festival. Aber ganz sicher war es auch keine konspirative Versammlung, wie hinterher vor Gericht behauptet wurde, um die Teilnehmer zu kriminalisieren.

 

Ob es aber wirklich nur eine ganz normale Demonstration gewesen ist, wie Du es später als Zeuge im Prozess behauptet hast, um die angeklagten angeblichen "Rädelsführer" zu entlasten? Bestimmt habt Ihr mehr gewollt, nämlich zu verhindern, was Euch nicht gefiel, und Euren Traum von einem besseren Amerika durchsetzen...

 

Und gab nicht auch bei Euch Leute, die am Krawall regelrecht ihren Spaß hatten – so wie hierzulande doch auch... Solche Leute gibt es doch nicht nur auf der uniformierten, der un-informierten Seite, so wie Du es in Deinem Lied "I Kill, Therefore I Am" über einen "harten Hund" andeutest.

 

So einen konnte und kann man sich auch hierzulande vorstellen. Stammtischhelden, die immer draufhalten wollen, gleich zuschlagen, null Toleranz, die mit allem aufräumen wollen, was sie für "unordentlich" halten, für "nicht deutsch", die die Konfrontation suchen, damit sie mal zuschlagen können... Ich hab sie in meiner deutschen Fassung "Randale find ich toll" zu beschreiben versucht und bin dabei gar nicht so weit weg von Deiner Textversion geblieben.

 

17 Randale find ich toll  „I Kill Therefore I Am“ Phil Ochs         G/4 

Hier kommt Super-Rambo - ich brech durch jede Wand.                         GFCD

Bin hart wie Kruppstahl. Ihr habt mich längst erkannt.                                           GFCD

Ich kontrollier das Land mit harter Hand.                                                 H7C

Den, der mit quer kommt,                schieb ich an den Rand.                                  De

 

Ich fühl mich wohl, wenns richtig rundgehen soll -                                  BFG

Randale find’ ich toll...                                                                                D

 

Ich mag Nörgler nicht, die ständig kritisiern.

Wird alles mies gemacht, kann doch nichts funktioniern.

Um aufzuräumen, brauch ich freie Hand.

Den, der mir quer kommt, drück ich an die Wand.

 

Ich mag so Leute nicht, die nie Respekt gelernt.

Da red ich nicht lang rum - und schon sind sie entfernt.

Ich zeig, wos lang gehn soll, mit harter Hand.

Und wer mit quer kommt, hat n schweren Stand.

 

Ich weiß, was richtig ist, brauch keinen Kontrolleur,

der auf die Finger kuckt - was soll mir son Voyeur...

Ich zieh die Fäden straff mit fester Hand.

Und was zu morsch ist, das wir abgebrannt...

 

Mit dem langweiligen Gewerkschaftsfuzzi Hubert Humphrey hast Du nichts am Hut gehabt. Ihn als demokratischen Präsidentschaftskandidaten zu bejubeln, ihn im Wahlkampf für die Nachfolge von Lyndon B. Johnson unterstützen - das wolltest Du genauso wenig wie die anderen "Yippies". Ihr habt in Chicago Spaß daran gehabt, Eure Alternative zu präsentieren, die ihr für passender gehalten habt: Das kleine fette Schweinchen, das die "Yippies" schließlich zu ihrem Präsidentschaftskandidaten erklären wollten, das hattest Du gekauft - zur Demaskierung des Schweinesystems?

 

Das mag tatsächlich ein spaßiges Happening gewesen sein, bei dem ich auch gern zugeschaut hätte... um dann auch Deinen Liedern zu lauschen, die Du so begeisternd und mitreißend vortragen konntest. Doch dann stand bei einer Demonstration ein Polizist vor Dir, der wohl mal ein Fan von Dir gewesen war und Dir jetzt ins Gesicht sagte, dass er es nun nicht länger sei. Weil Du da auf der anderen Seite bei diesen Radikalen warst, haben ihm Deine Lieder nicht mehr gefallen. Erst da hat für Dich der Spaß aufgehört.

 

Ergänzungslied "Die Zeit der Entscheidung":

Du hast die Dinge, die Entwicklungen zugespitzt gesehen und bewertet- scharz und weiß in den Konturen. Zwischentöne hast Du kaum wahrgenommen - und Dich damit auch nicht anders eingebracht als hierzulande politische Aktivisten mit und ohne Gitarren und eigenen Liedern, die die These propagierten: "Zwischentöne sind nur Krampf im Klassenkampf." Für Dich war die Zeit reif, und Du hast sie besungen, die "Days of Decision", die in meinem Text zur "Zeit der Entscheidung" wurden.

 

Die Zeit der Entscheidung    The Days Of Decision“ Phil Ochs  D/-1 „

Der Schatten des Zweifels auf manchem Verstand                                 D

sucht nach einer Antwort, die vorher niemand fand.                                hGA
Such nur nicht zu lange. Die Zeit rinnt durch die Hand.                        DhGA

Jetzt ist Zeit, sich zu entscheiden.                                                         eAD

 

Das Glücksspiel der Würfel hilft dir nun nicht mehr.

Dumpf klopft die Drohung. Sie kommt schon zu dir her.

Du musst dich beeilen. Das Stundenglas ist leer.

Jetzt ist Zeit, sich zu entscheiden.

 

In die Masken der Leute, die im Sieg stets geprahlt,

zwingt die Furcht eine Kraft, stärker als Naturgewalt.

Bleib nicht auf dem Eis stehn - sicher schmilzt es bald.

Jetzt ist Zeit, sich zu entscheiden.

 

Wie sie Köpfe einziehen, die Angst im Genick.

Doch der Weg ist schon klar, gewählt durch einen Blick.

Jeden Tag, der vergeht, steigt der Preis für Flucht ein Stück.

Jetzt ist Zeit, sich zu entscheiden.

 

Manch morsches Relikt brennt im Dunkel der Nacht.

Flammenfinger ermahnen im Feuer, grell entfacht.

Rauch beißt im Auge, ist das Feuer auch bewacht.

Jetzt ist Zeit, sich zu entscheiden.

 

Wogen des Zorns in den Schluchten der Stadt.

Patrouillen in Deckung, auf den Dächern, flach und platt.

Es gärt in den Straßen, denn keiner wird mehr satt.

Jetzt ist Zeit, sich zu entscheiden.

 

Da warn Feuersirenen und Hinweis auf Flut.

Hier nun die Warnung vor Kugeln und vor Blut.

Begrabene Helden haben nichts mehr von Salut.

Jetzt ist Zeit, sich zu entscheiden.

 

Der Wind hat gedreht, und der Nebel zerreißt.

Nimm den richtigen Weg, so, dass du’s nicht besser weißt.

Nach dem Sieg wird die Ernte von Furchtlosen verspeist.

Jetzt ist Zeit, sich zu entscheiden.

 

Und dann wurde 1968 Richard Nixon ins Weiße Haus gewählt. Was war nur aus Amerika geworden? Alles hoffnungslos? Was für Leute hatten sich das Land unter den Nagel gerissen? Wie konnten sie eine Mehrheit finden? Was waren das für Leute, die sie gewählt hatten? Hatten die denn gar nichts begriffen? Warum, Phil, war Eure Überzeugungsarbeit erfolglos geblieben? Ihr seid Euch doch so sicher gewesen, dass Ihr recht hattet. Wie konnte die Mehrheit der Nixon-Wähler da anderer Ansicht sein? Diese reaktionären Hinterwäldler, die schon Liberale für Kommunisten hielten...

 

Du hast versucht, sie in Deinem Lied "Pretty Smart On My Part" zu skizzieren. Dass sie das Land ruinieren würden, daran gab es für Dich keine Zweifel. Dabei haben auch sie von sich gedacht, sie hätten den Durchblick - so wie die "Durchblicker" hierzulande, die zu gerne wieder einen "starken Mann" an der Spitze hätten, dem sie nur allzu gerne folgen würden. Deshalb hab ich meine deutsche Adaption Deines Liedes "Pretty Smart On My Part" auch "Durchblick" genannt.

 

18 Durchblick  „Pretty Smart On My Part“ Phil Ochs                            G/2

Ich seh ihn vor mir, wie er auf der Straße lang geht:                                 G G/D#

hohe Stiefel an, die Arme lang.                                                                   G/E G/F

Er will mich hetzen, mich verletzen,                                                           C

mich am Boden liegen sehn.                                                                       GDG

Aber wenn ich später mich dann aufgerappelt habe,                                e

dann entdeck ich meine Ehre, erteil ihm eine Lehre -                               e

dann ball ich meine Faust tief in der Tasche.                                             CDG

 

Bin doch ein Klugie - find meinen Weg                                                     CGFC

auch wenn’s dunkel ist                                                                                 G

 

Ich seh sie vor mir: Sie sieht aus wie eine Diva,

und ihr Busen bebt, ihr Mundwerk geht.

Sie will mich hetzen, sich auf mich setzen,

will mich am Boden liegen sehn.

Aber wenn ich später mich überlegen fühle,

dann zerr ich sie vor den Priester,  dann wird es für sie düster.

Dann ball ich meine Faust - lass sie dran riechen.

 

Ich seh ihn vor mir: Er schleicht vor meiner Tür rum,

hat das Messer raus, und holt schon aus.

Er will mich hetzen, mich verletzen,

mich am Boden liegen sehn.

Aber wenn ich später wieder Mut gefunden habe,

lass ich meine Feinde beben, werd ihn'n keine Chance geben.

Dann ball ich meine Faust vor dem Computer...

 

Ich seh sie vor mir: Weiß, sie üben in den Wäldern,

sehn so anders aus, bedrohn jedes Haus.

Sie wolln uns hetzen und uns besetzen,

wolln uns am Boden liegen sehn.

Aber wenn wir später mehr auf unsrer Seite haben,

dann verjagen wir den Präsident

und sind die Größten, die man kennt -

dann ball ich meine Faust und lass sie tanzen...

 

Ergänzungslied "Rhythmen der Revolution""

Wie oft hast Du Dir ausgemalt, Phil, was wohl passieren müsste und wie es wohl sein könnte, wenn die USA tatsächlich eine Revolution erleben sollten. Hast Du sie herbeigesehnt, sie von ganzem Herzen gewünscht? Um die Verhältnisse, so wie sie sich entwickelt hatten und wie sie eben waren, über den Haufen zu werfen, umzustürzen? Um jene loszuwerden, die sich in der Macht eingerichtet hatten, und denen die Machtlosen ohnmächtig ausgeliefert schienen?

 

Du hast Deine Phantasie spielen lassen, ihr die Möglichkeit gegeben, sich auszutoben, hast Dir vorgestellt, wie Du so ein revolutionäres Schlachtengemälde mit Worten entwerfen konntest. Du hast der Revolution einen Klang gegeben, einen Rhythmus - und diesen besungen. Ich hab gleich mehrere Rhythmen daraus gemacht: "Die Rhythmen der Revolution".

 

Die Rhythmen der Revolution  „The Rhythm Of Revolution“  Phil Ochs  C/-1

Im goldenen Haus leben in Saus und Braus                                                         CFCF

jene, die für sich selber viel gelten.                                                                       CFCIG

All die Krämer mit Stil grinsen eitel, debil,                                                         CFCF

meinen, dass sie das Land recht bestellten.                                                                          CFG 

Grad auch der Mittelstand seinen Platz darin fand -                                             CFCF

man wird ihm den Eifer vergelten.                                                                      Cae

Denn der Lärm vor der Tür                                                                               CF

sind der Revolution heiße Rhythmen.                                                                   CGC

 

In den Sesseln tief drin starrn sie dumpf vor sich hin,

jene, die sich auf Tröstungen stützen.

Ihre Wände, kunstreich, sind zum Einsturz wachsweich,

schaudernd suchen sie noch sich zu schützen.

Ihre Blicke wirr schwirrn, und die Eiswürfel klirrn,

in den Gläsern, die ihnen nichts nützen.

Und sie lauschen voll Angst,

hörn der Revolution heiße Rhythmen.

 

Das Leid in ihrer Brust vergällt uns nicht die Lust.

Wir schwelgen schon in ihren Schätzen.

Unser Leben: ein Spiel. Jede Arbeit zuviel.

Lebenswut kann den Frust uns wegätzen.

Weit die tägliche Welt - und der Maßstab nur Geld,

für die Wärme auf graukalten Plätzen.

Und Visionen durchziehen

der Revolution heiße Rhythmen.

 

Die Wolken wie Schaum voll mit drohendem Traum,

und die krüppligen Rauchringe steigen.

Wie hoch werden sie ziehn? Wie lang könn’ wir fliehn?

Fragt man furchtsam im Haus in das Schweigen.

Da! Der Fußboden bebt. Angstgeheul sich erhebt,

hinter Masken nun Fratzen sich zeigen.

Und näher und näher

komm’ der Revolution heiße Rhythmen.

 

Flehendes Schrein: Lasst uns doch allein.

Ihre Stimmen erzittern im Leiden.

Sie klammern sich fest an schäbigen Rest,

wolln jeden Verlust noch vermeiden.

Vor der Tür lacht man auf. Man wartet schon drauf,

sich an den Opfern zu weiden,

die erbeben im Klange

der Revolution heißer Rhythmen.

 

Doch das Mitleid bleibt wach, darum geben wir nach,

 wenn wir sehn, dass die Angstadern schwellen.

Ihnen ist fast verziehn. Vor dem Kreuz sie nun knien,

wo die blutigen Tropfen noch quellen.

Nie zu spät für Reue - jeden Morgen aufs neue -

der Horizont scheint sich zu hellen,

begleitet vom Klange

der Revolution heißer Rhythmen.

 

Zerfetzt ihre Jacken, in den Kronen fehln Zacken,

Eure Helden stehn schon an den Seiten.

Schafsgleich grinsen sie, im Hirn hohl wie Vieh,

denken wieder an goldene Zeiten.

Die Hände erhoben sehn sie staunend nach oben,

denn vom Alptraum sie Scherben befreiten.

Die Scheiben zerstört

durch der Revolution heiße Rhythmen.

 

Vor euch wir nun stehn, und für das, was geschehn,

erbitten wir euer Vergeben.

Unsere Rache verraucht. Nehmt euch nur, was ihr braucht,

aber nicht mehr, denn jeder soll leben.

So erstehn neue Zeiten, dehnen sich neue Weiten,

und Niederes wird sich erheben,

und das Alte zerfällt

zu der Revolution heiße Rhythmen.

 

Nach dem Parteitag der Demokraten und Nixons Wahlsieg warst Du völlig durch den Wind. Wusstest Du wohl nicht mehr, wie es weitergehen sollte, auch nicht, was Du eigentlich wolltest: Aufklären oder unterhalten? Karriere machen oder die Welt verändern? Sie zur Verbesserung aus den Angeln hebeln oder in besserer Form stabilisieren? Musik machen oder Politik? Leitartikel schreiben oder Hits?

 

Hat Dir nur Glück gefehlt, damit Dir mal was gelingen konnte, mit dem Du selbst zufrieden warst? Hat Dir nur der richtige Riecher gefehlt? Fingerspitzengefühl? Oder hattest Du nur nicht die richtigen Kontakte? Oder war da auch ein Mangel an Instinkt, Beharrlichkeit oder Zuverlässigkeit... Hattest Du die schon im Alkohol ertränkt?

 

Da war Dir ein Lied mit Pfiff und Qualitäten für einen Hit gelungen, wie "Outside Of A Small Circle Of Friends" - schon gab es irgendwo eine missverständliche Textstelle, die alles wieder im Eimer landen ließ... Statt nur einen aktuellen Skandal zu besingen, den Du in den Schlagzeilen gefunden hattest, wolltest du allgemeiner die Oberflächlichkeit anprangern, die Gleichgültigkeit in der Gesellschaft.

 

Du hast Deinen Text schmissig vertont, provozierend zynisch in der Wortwahl - aufrüttelnd und mitreißend, und dann gab es diese dumme Fehlinterpretation mit blöder Folge: Wieder kein Einsatz im Radio, statt dessen wieder auf der schwarzen Liste, aus dem Programm verbannt. Als ob gerade Du für Drogen werben wolltest, für Marihuana jetzt mal.

 

Die Hippie-Drogen hast Du gar nicht konsumiert. Alkohol, diese legale Droge, die hast Du gut gekannt, ihr hast Du vertraut, Dich ihr anvertraut, die hat Dich fest im Griff gehabt. Und das hat doch lange Zeit auch nie jemanden gejuckt - bloß einige Freunde, die es betroffen gemacht hat, wenn sie Dich besoffen erlebt hatten, nur "Die paar Leute", wie ich meine Übertragung von "Outside Of A Small Circle Of Friends" genannt habe:

 

19 Die paar Leute     „Outside Of A Small Circle Of Friends“                             G/0

Ein kleiner Kerl vergisst im Heim, wer seine Eltern warn.                       GAGA

Mit Schwestern und Erziehern wird der Alltag hart erfahrn.                                  GhCD

Geborgenheit und Liebe ihm dort vorenthalten bleibt.                                           H7e

Er sieht und lernt zu hassen, bis ihn nur noch Rache treibt.                    CeaD

 

Ich bin sicher, das juckt keinen sehr.  -                                                       Ge

Interessiert nicht -, bloß die paar Leute, die es betrifft.                                           F g A

 

In der Kneipe tönen ein paar junge Leute groß.

Sein Monaten tief blau und auch so lang schon arbeitslos.

Nüchtern wolln sie lernen, aber hören nichts als "Nein, -

Wir nehmen keine Lehrlinge. Das gibt bloß Schererei'n."“

 

Haschisch, denken manche, bringt mehr Spaß als Alkohol.

Den Rausch versucht - erst Rausch, dann Sucht, und den Kopf bald hohl.

Der Dealer sorgt für Nachschub - gegen Kohle, ist doch klar.

Doch wo nehmen, wenn nicht stehlen und das Stehlen liegt doch nah.

 

Viele Frauen packt das Grauen, wenn der Abend naht.

Dann kommt der Mann besoffen heim und schlägt sie wieder hart.

Betreten sehn wir weg, nicht ihr geschwollenes Gesicht.

Doch Frauenhäuser kosten viel, und Geld gibt’s dafür nicht.

 

Konzerne wolln Profit, wird auch die Umwelt so zerstört.

Wer vor Gericht sich wehrt, verursacht Schäden, wie man hört.

Demonstranten sind für Recht und Ordnung stets Gefahr.

Das wird doch jedem, weil die Polizei einschreitet, klar.

 

Stehst du auf der Liste, wirst als Fahndungsziel benannt,

dann hast du sicher bald ne kleine Wanze an der Wand.

Son kleiner großer Lauschangriff kann jedem heut passiern.

Beruf und Freiheit - viel mehr kannst du nicht dabei verliern.

 

Die Realität hat es in sich, die muss man erst mal verdauen. Wenn es um Deine eigene Lebensplanung ging, hast Du oft die Wirklichkeit aus den Augen verloren: Von der großen Karriere nicht nur träumen, sondern sogar schon fest damit rechnen. Von jeder Platte über eine Million verkaufen wollen, noch ehe Du den ersten Plattenvertrag unterschrieben hattest.

 

Als Bob Dylan beim Folkfestival in Newport 1965 zur E-Gitarre griff und den "Thron des King of Folk" offenbar preisgab, hast Du Dir gar nicht vorstellen können, dass er Dir nicht automatisch zufallen würde. Schließlich haben auch viele aus der Folkszene Dich als unbestrittenen "Kronprinz" gesehen, dem das Erbe zustand... Aber Dylan nahm den Thron einfach mit sich und brachte mit "Like a Rolling Stone" weltweit erfolgreich den "Folkrock" auf den Weg. Und Du bliebst erfolglos ohne Thron und vergleichbare Anerkennung.

 

Du selbst hast Dylan dafür bewundert, aber die Kennedy-Brüder, die hast Du eine Zeit lang nahezu vergöttert. Gut - Vergötterung ist vielleicht zuviel gesagt. Aber Du hast in einem Text gleichzeitig Anspielungen auf John F. Kennedy und auf Jesus zusammengerührt. Hat Dir niemand dieses Lied als Blasphemie um die Ohren gehauen? Geschrieben hast Du es in England, mit Abstand zu den USA. Ein Heldengesang sollte es sicherlich nicht werden, und es ist gewiss auch nicht als religiöses Glaubensbekenntnis zu verstehen. Mit der Religion hast Du es nicht so gehabt. Aber nahezu religiös war dieses Lied allemal.

 

Es war ein Abschiedslied von diesem charismatischen Präsidenten. Du hast es dessen Bruder Robert Kennedy persönlich vorspielen dürfen und ihn damit so nachhaltig beeindruckt, dass er Dich bat, für ihn Wahlkampf zu machen. Aber dazu kam es im Frühjahr 1968 nicht mehr. Auch Robert Kennedy wurde ermordet. Vom Hotel in Los Angeles aus hattest Du die Ermordung des aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten am Bildschirm verfolgt, und stundenlang geweint.

 

Danach hast Du Dich - wohl um Deine Verzweiflung zu betäuben - in Arbeit gestürzt und in wenigen Tagen Lieder für eine neue LP aufgenommen. Dann bist Du nach Europa geflogen, hast Abstand zu den schrecklichen Ereignissen in Deiner Heimat gesucht, hast u.a. auf der Burg Waldeck im Hunsrück gesungen.

 

Im diesem Frühsommer 1968, in der Zeit Deiner einzigen Auftritte in Deutschland, neben dem Auftritt auf der Waldeck auch bei den Essener Songtagen, hattest Du schließlich wohl genug vom reinen "singenden Journalismus“, wie es Bob Dylan formuliert hatte, als er so Deine künstlerische Substanz in Frage stellen wollte.

 

Die Welt war ungerecht zu Dir, und sie war auch noch schlecht. Nach John F. Kennedy war nun auch Robert Kennedy ermordet worden. Dein Hoffnungsträger, für den Du Wahlkampf machen wolltest, der es besser machen wollte... und dem du es wirklich zugetraut hast, das Land tatsächlich auf einen Weg in eine bessere Zukunft zu lenken.

 

Schon die Ermordung des Präsidenten John F. Kennedy hatte Dich lange nicht losgelassen, bis Du sie mit diesem überlangen Lied verarbeiten konntest, in dem Du Querverweise auf Jesus gewagt hast. Und dann, mehr als ein halbes Jahrzehnt nach Chicago, hast Du ausgerechnet mit diesem langen Kennedy-Song Dein allerletztes öffentliches Konzerts beendet.

 

Du hast kaum ahnen können, dass es Dein allerletztes Konzert gewesen sein sollte. Krächzend, mit brüchiger Stimme als Schlusslied, nach dem nichts mehr kam oder kommen konnte. Hast Du etwa auch Dein eigenes Ende genau so kommen sehen? Als Kreuzigung?      

 

20 Kreuzigung  "Crucifixion“  Phil Ochs                                             a/2

Die Nacht bricht herein. Der Himmel dehnt sich weit.                            aG

Die Sterne suchen ihren Platz im Meer der Einsamkeit,                           Ce

bis das Weltall explodiert, weil ein Fixstern sich erhebt.                           dGCa

Die Planeten stehn erstarrt - es scheint, das Firmament erbebt.                             dGCa

Das Glühen leuchtet auf. Der Glanz des Strahles schwebt.                      dGCa

Mit der Schnelligkeit des Spukes stirbt er ab.                                             dGa

 

Auf dem grünen Feld der Wende kommt ein Kind auf diese Welt.

Sein Schrei durchsägt den Sturm, und die Dämmerung drauf fällt.

Ein Angriff auf die Ordnung, auf die Posten, die noch stehn.

Der seichte Wind des Wandels, er  wird hoffnungslos verwehn.

Die Sterne atmen auf - kein anderes Zeichen ist zu sehn,

und die Stille ihre Ferne hält sie fest.

 

Nun komm, komm, komm, komm - zeig den Weg ins Licht.                   aFGa

Nun komm, komm, komm, komm - wir warten...                                     aFGa

 

Unschuldsbilder zwingen den Prophet zum Weitergehn.

Doch die Fäulnis der Geschichte suchte ein Pfand und will ihn sehn.

Zum Alptraum der Allwissenheit öffnet er das Tor.

Eine blendende Enthüllung, und wir stehn gebannt davor.

Dort, inmitten größter Liebe tobt der Hass an unser Ohr.

Aber Gott hilft, weil die Dämmerung schon fällt.

 

So steht er auf dem Wasser und er ruft zum Ufer hin.

Doch je lauter er auch schreit, um so mehr verrät man ihn.

Denn das Wasser der Vergebung ist schon lange restlos leer.

Kleinkarierte Pharisäer muss man bitten, will man mehr.

Bis der Riese Mensch mal aufwacht, weil er spürt, da kneift ihn wer -

und irgendeiner pocht an seine Tür.

 

Nun komm, komm, komm, komm - zeig den Weg ins Licht.

Nun komm, komm, komm, komm - wir warten....

 

Die Botschaft wird gewichtig, und sie fliegt übers Land.

Der Lohn des Ruhms folgt dem Propheten und macht ihn bekannt.

Voll Blindheit glauben Fromme - jeder hält sich für bereit.

In Gier um Gnade betend, so vertun sie ihre Zeit.

In den Schatten ihrer Tempel jammern sie von ihrem Leid -

doch die Sprache dieser Bande trieft vor Blut.

Die Stiere werden abgestochen, und die Menge johlt.

Der Matador ist wunderbar - ein Gedicht in Gold.

Ekstatisch steigt der Beifall, die Leidenschaft platzt raus.

Ein Dank mit Eleganz, ein tiefer Diener für Applaus,

die Hände klatschen wild, machen Zweifeln den Garaus.

Und Geifer tropft aus grinsendem Gesicht.

 

Nun komm, komm, komm, komm - zeig den Weg ins Licht.

Nun komm, komm, komm, komm - wir warten...

 

Frische Saat des Lebens wird zur Lüge eingestampft.

Der sanfte Geist zerreißt, fliegt ins Feuer und verdampft.

Die Maske grinst vor Trauer schön im Angesicht der Nacht.

Die Wahrheit wird zum Trauerspiel und hinkt, vom Licht verlacht.

Die Himmel sind entsetzt, sie schwanken in des Anblicks Macht.

Und das Kreuz erzittert in Begier.

 

Die Pharisäer schreien auf. Der Schande ist zuviel.

Wer wagt ihn zu verletzten, diesen Helden aus dem Spiel.

Du weißt doch, wie es weiter geht. Du weißt noch, dass er fällt.

Wie kam’s dazu. Du weißt, dass heut sein Leiden kaum mehr zählt.

Die Henker leben heute noch - und jeder sich gefällt.

Nun zeig ein Bild des Schmerzes - wenn du kannst...

 

Nun komm, komm, komm, komm -  zeig den Weg ins Licht.

Nun komm, komm, komm, komm - wir warten...

 

Die Zeit fordert Tribut. Die Erinnerung verblasst.

Doch Ruhm wächst in Vergänglichkeit und wird sich selbst zur Last.

Die Zukunft ist schon ruiniert - für Furcht ist gar kein Grund.

Die Optik wird verzerrt, das Schwarzweiße ist schon bunt.

Der Fromme schwimmt in Kummer, geben seine Tränen kund -

und wartet doch auf neue Illusion.

 

Die Augen des Rebellen sind von Blinden ausgebrannt.

Und ewige Unfruchtbarkeit steht drohend an der Wand.

Das Kind ist schon gezeugt - es hat die Schlachtbank jung verschönt.

Die Schlächter leben gut - für sie manch Lobgesang ertönt.

Andacht voller Dankbarkeit den Toten Ehrung löhnt,

und der Kreis der Opfer sich entrollt.

 

Nun komm, komm, komm, komm - zeig den Weg ins Licht.

Nun komm, komm, komm, komm, - wir warten...

 

Die Nacht bricht herein. Der Himmel dehnt sich weit.

Die Sterne suchen ihren Platz im Meer der Einsamkeit, 

bis das Weltall explodiert, weil ein Fixstern sich erhebt.

Die Planeten stehn erstarrt - es scheint, das Firmament erbebt.

Das Glühen leuchtet auf. Der Glanz des Strahles schwebt.

Mit der Schnelligkeit des Spukes stirbt er ab.

 

Phil, dass irgendwann mal ein eher unbekannter deutschsprachiger Sänger versuchen könnte, ausgerechnet dieses gewaltige Lied zu übertragen, damit hast Du sicher nicht rechnen können... Es gibt noch einen deutschen Text auf diese Melodie, geschrieben von Walter Mossmann. Er handelt vom Lebensvogel, der davon singen sollte, dass Gorleben lebt.

 

Für Dich war es eine ganz persönliche Verarbeitung von John F. Kennedys Tod, nicht bloß ein Folksong, sondern auf Deiner Studioaufnahme auch in einer Art produziert, die Deinen Schmerz erahnen ließ und es kaum möglich machte, das Arrangement zu genießen. Gewiss war es auch kein Liebeslied... 

 

A propos Liebeslied - Warum hast Du eigentlich kein einziges Liebeslied geschrieben? Du warst doch auch mal verliebt...Wieso hättest Du sonst geheiratet? Du warst Mitte zwanzig, als Deine Tochter zur Welt kam - mitten in Deiner Jagd nach Ruhm und Ehre, als es Dich auf Kundgebungen zog und Du überall dabei sein wolltest, um so wenn nicht die Welt, dann vielleicht doch Dein Land zu retten, mit allem Einsatz vor Schaden bewahren wolltest. Wenn Dir das so viel wichtiger gewesen ist, bist Du wohl eher ein lausiger Daddy gewesen - und wirst es gewusst haben.

 

Wie hast Du Dich als Ehemann gesehen? War Dir Deine Feigheit bewusst? Hast Dich von Deiner Frau zwar getrennt, aber nicht scheiden lassen, weil Du das Risiko gescheut hast, Du könntest noch mal heiraten.... Was waren Frauen eigentlich für Dich? Hast Du sie ernst genommen, respektiert, oder vielleicht gar nicht verstanden? Nicht verstehen wollen? Die Frauenbewegung, Women's Liberation, war für Dich eine Verschwörung der CIA, um so die Linke zu schwächen – das ist so paranoid, dass es sprachlos macht.

 

Und dann Prostituierte als die einzigen ehrlichen Frauen zu würdigen... Ich kann nicht nachvollziehen, wie Du da drauf gewesen bist.... Vielleicht ist Dir nie die Richtige über den Weg gelaufen... Hast Du deshalb nie ein persönliches Liebeslied geschrieben, für eine Frau die Du geliebt hast? Du hast so wunderschön poetisch schreiben können und gewusst, dass Du dieses Talent hast, und es ja auch genutzt. Und Du hast auch gewusst, dass Du kein schöneres Lied würdest schreiben können, als "Changes": Ein Abschiedslied, das Du Dir so gerne als Hit vorgestellt hättest... etwa so wie "Yesterday" von den Beatles...

 

"Changes" ist ein einzigartiges Lied, mit dem Du bewiesen hattest, dass auch Du Dich als Künstler ändern konntest, sehr wohl zu anderen Lieder fähig warst als nur kämpferische Agitationslieder, gereimte journalistische Lieder zu schreiben, mit denen Du die Zeitgeschichte auf Deine Weise kommentiert hast. Dieses Lied nun, ohne Bezug zur konkreten Aktualität, war wie ein persönlicher Brief, ganz in Prosa, ohne Reime, aber voller Poesie, mit einer wunderschönen Melodie.

 

Genau dieses Lied hat 2013 Neil Young bei "Farm Aid" gesungen, nachdem er Dich zu einem der besten, wenn nicht sogar zum besten Singer/Songwriter erklärt hatte, den die USA je hervorgebracht hätten. Er hat es allein mit der Elektrogitarre begleitet, und trotzdem den Zauber der Melodie bewahrt. Ich habe meine Übersetzung "Setz Dich zu mir" genannt:

 

21 Setz Dich zu mir  „Changes“  Phil Ochs                                     G/0

Setz dich zu mir, schmieg dich ganz nah an mich.                                     GADe

Lass uns zusammen entfliehn in einen fernen Traum.                                              GAf# H7e

Auf Bildern zeig ich dir, wie sich die Welt verändert.                                ADeAD

 

Im Sommer sind alle Blätter so grün.

Aber der Herbst färbt sie ein und schüttelt sie vom Baum,

und opfert sie dem Lauf der Zeit, der sie verändert.

 

Aus Kindheitstagen seh ich manchmal noch

verschwommene Bilder im Glanz. Vielleicht kann es ja sein,

dass ich sie einmal wieder seh, wenn sich die Zeit verändert.

 

Die Welt dreht sich rasend durch Zeit und durch Raum,

lässt alles mit sich geschehn und rollt durchs Firmament

und beachtet nicht, was sich auf ihr verändert.

 

Strahlende Wunder erhellen die Nacht.

Der Mensch bleibt daneben so klein, doch wenn der Morgen graut,

weicht die Angst. Man glaubt, dass sich fast nichts verändert.

 

Nachwolken tanzen zur Windmelodie. Das Feuer

brennt auch langsam aus. Allmählich kommt der Schlaf,

und mit ihm zeigt ein Traum, wie sich die Welt verändert.

 

Tränen des Abschieds nehm ich mit mir fort,

trink noch einen Becher voll Wein, küss dich ein letztes Mal,

dann überlass ich uns dem Lauf der Zeit, der uns verändert.

 

Setz dich zu mir, schmieg dich ganz nah an mich.

Lass uns zusammen entfliehn in einen fernen Traum.
Auf Bildern zeig ich dir, wie sich die Welt verändert.                                ADeAD

 

Nach Chicago, nach dem enttäuschenden August 1968, warst Du völlig  desillusioniert, hast Dir damals - skurril makaber - selbst einen Grabstein machen lassen, der auch noch Dein einziger bleiben sollte, denn einen anderen hast Du nie bekommen... "Proben für den Abgang" stand draufgemeißelt, und die Daten: "geb. 1940 in El Paso, Texas, gest. 1968 in Chicago, Illinois. - also das Jahr und der Schauplatz des Parteitags der Demokraten, an dessen Rand Du offenbar Deine Hoffnungen auf eine besser Zukunft für die USA beerdigt hattest - und Dich selbst gleich mit begraben sehen wolltest...

 

Und was kam danach für Dich? Nach 68? Es muss wohl eher so eine Art Fegefeuer gewesen sein, ein Fegefeuer der Verzweiflung, aber auch der gekränkten Eitelkeit, des verhinderten Stars oder gescheiterten Rebellen... Selbstzerstörung als Strafe... sich selbst zu bestrafen - oder auch ein uneinsichtiges Publikum... Aber wie konnte denn auch ein ehrgeiziger Revolutionär ein erfolgreicher Popstar werden wollen...

 

Wie konnte es für Dich so erstrebenswert sein, dass Du Dein wiederholtes, Dein doppeltes Scheitern, sowohl als Revolutionär, als auch als Popstar - nicht mehr verkraften konntest? Dein Feuer hat in Dir wohl so gebrannt, dass Du es nicht mehr unter Kontrolle hattest und deshalb verglüht bist. Sind Dir deshalb keine neuen Lieder mehr eingefallen?

 

Zynismus verbraucht sich irgendwann und zieht auch runter auf Dauer. Und wenn man dann ganz unten ist, keinen Horizont mehr erkennen, geschweige denn sich vorstellen kann, was dahinter liegen könnte, wenn man nichts mehr blickt, kein inneres Feuer mehr brennt, nur mit Asche gefüllt ist - wo sollen dann noch neue Anregungen herkommen, neue Begeisterung, die die Schaffenskraft auf andere Bahnen lenken könnten? Dein scharfer, analytischer Blick des journalistischer Reporters und bissigen Kommentators war doch noch da, zumindest in Diskussionen... Der hat Dich auch noch bewegen können, zumindest zu Aktionen. Aber für Songtexte, mit denen Du zufrieden gewesen wärst, hat er nicht mehr ausgereicht, schlicht versagt. Das hat Dich gequält, verzweifeln lassen...

 

"Chords Of Fame" hast Du eines der wenigen Lieder genannt, die Dir dann doch noch gelegentlich einfielen, in dieser Phase, in der Du Dich künstlerisch wohl schon so ausgewrungen gefühlt hast wie ein alter Putzlumpen. Beschreiben wolltest Du das Ende anderer Künstlerkollegen. Dass Du im Grunde Dich selbst beschrieben hast, Du später also mit Deinem eigenen Lied porträtiert werden konntest, wie es Melanie gemacht hat, ist eher tragisch. Hier ist meine Übertragung, das "Lied vom Ruhm":

 

22 Lied vom Ruhm  Chords Of Fame“ Phil Ochs      C/0    CGGC 2x

Ich fand ihn hinterm Vorhang.                                     G

Er tat dort den letzten Schnauf.                                    FC

ne Flasche Gin, ne Kippe noch,                                    G

die lagen auf ihm drauf.                                                 FC

"Du bist wohl auch son Pfadfinder,                                            C

mit Klampfe hier allein..."                                                            FG

Gott verzeih dem Troubadour,                                     C

der versucht, ein Star zu sein.                                        a

 

Sing noch mal von Liebe,                                              CGC

spiel A-Moll, den Schmerzakkord.                                CGC

Doch wenn du dein Lied retten willst,                          CFC

Freund, dann schiele nie                                                CGC

nach Ruhm - vergiss das Wort...                                    CGC

 

Manch Träumer voller Ehrgeiz

die ganze Welt in Angriff nahm.

Wähnt sich mit seinen Melodien

als Fraun- und Mädchenschwarm.

Doch schnell geht das zuende,

wie ein Sonnensommertag.

Wer weiß, ob der Reporter dich

auch morgen noch was fragt...

 

Sie reiben dir die Unschuld ab

und stelln dich zum Verkauf.

Nun zeig, dass du Erfolg hast,

sonst fällt dein Versagen auf.

Ich habs erlebt, hab meinen Teil,

beklag mich nicht postum -

frag nur: Was bleibt, wenn nichts mehr bleibt?

Was geht kaputt am Ruhm...                                         

 

Dann der Amoklauf gegen Dich selbst - was hat ihn ausgelöst? Da gab es den wiederauferstandenen anderen King, den des Rock N Roll: Elvis, the pelvis, der Star, der inzwischen sein Becken, the pelvis, nun mit zu viel Hüftgold längst auch nicht mehr so skandalträchtig kreisen lassen konnte. Er war in der ersten Hälfte der Sechziger Jahre vom rebellischen RocknRoller zum Schnulzenkönig mutiert. Sein Manager Colonel Parker hatten ihn Hollywood ausgeliefert, wo er in belanglosen Schmachtstreifen verheizt worden war. Sein Kultstatus in der aktuellen Jugend war ihm längst von den Beatles, den Stones oder den Doors streitig gemacht worden.

 

Es hatte immer Lacher gegeben, wenn Du in Konzerten die Idee vorgetragen hattest, dass es wohl für die USA nur eine Chance auf eine Revolution geben würde, wenn Elvis als Che Guevara wiederkäme - oder umgekehrt... Was für eine grandios absurde Idee! Hätte die Vorlage für einen Film sein können... für großes Kino, wie Du es immer gemocht hast. Aber für Deine eigene Hauptrolle, die in Deinem eigenen Leben, fehlte Dir das Drehbuch. 

 

Warst Du so hochgradig verzweifelt, dass Dir die absurde Idee kam, gerade Du solltest als äußerlicher Klon von Elvis auf die Bühne gehen, um in seinem Windschatten doch noch Karriere zu machen? Vielleicht innerlich als Klon von Che Guevara, um doch noch Amerika zu retten? Schmierig und speckig, versifft und versoffen, vollschlank in Goldlamee bist Du mit einer Show, wie Du sie kurz vor Weihnachten 1968 von Elvis in Las Vegas auf dem Bildschirm miterlebt hattest, in New York auf die Bühne der Carnegie Hall gegangen.

 

Du hast Dich lächerlich gemacht. Gab es in der Garderobe keine Spiegel? Klar - nachträglich kann man alles "Satire“ nennen, zumal wenn sich ein paar Leute gut amüsiert haben. Das Comeback von Elvis in Las Vegas hatte Dich wirklich fasziniert, Deine Begeisterung war ja nicht gespielt... Auch nicht Deine Besessenheit von dieser Idee, ausgerechnet nun mit Elvis-Lieder ein eigenes Comeback zu erzwingen... Deine Begeisterung war ehrlich - schrecklich ehrlich...

 

Nichts hat wohl deutlicher gemacht, wie sehr Du den Boden unter den Füßen verloren hattest. Weißt Du, manchmal waren Deine beeindruckenden Lieder, gerade auch Deine ehrlichen und offenen Bekenntnislieder, auch noch im Rückblick, erschreckend zutreffend, und zwar in einem fast gespenstischem Umfang, wie Du ihn selbst, als Du solche Lieder wie "Cross My Heart" geschrieben hast, noch gar nicht erkannt haben konntest - und wohl auch nicht hättest wahrhaben wollen. Meine deutsche Version, nah am Original, heißt "Hand aufs Herz"

 

23 Hand aufs Herz     „Cross My Heart“ Phil Ochs       C/2

Ich weiß nie:                                                                   CC9

Was ist klug? Was ist nur Betrug?                                   CC9

Und was wird am Ende Wahrheit sein?                        C d

Was bleibt, ist doch nur Schein.                                    F G

Und im trüben Licht                                                      a

gehn die Zweifel nicht,                                                  F

bleibt ein Alptraum.                                                       G

 

Du kriegst von mir                                                         d G

alles, was ich hab, ich geb es dir,                                    Ca

Hand aufs Herz,                                                             C a

bin so lebensgierig.                                                        FGC I FGC

 

Ich weiß nie:

Was ist wahr? Vieles geht mir nah,

weiß nicht, wie ich reagieren soll.

Steh dann da, gedankenvoll,

Weiß nicht, was ich mach,

und eh ich erwach,

ist’s vorüber...

 

Ich weiß nie:

Was ist frei? Was nur Heuchelei?

Und wie schnell erobert man die Welt?

Doch wer weiß, ob der Steg hält...

Glaubst du dich am Ziel,

merkst du, dieses Spiel

hat kein Ende...

 

Immer mehr ging es mit Dir bergab, bis zu Deinem schizophrener Sommer 1975, zum Alptraum in New York, als Du die Leute mit der Nachricht geschockt hattest, Phil Ochs sei tot, und statt seiner lebe nunmehr John Train - ein Rambotyp, genau wie Du ihn besungen hattest. Der gescheiterte Sänger Phil Ochs sei in dessen Haut geschlüpft. Hinter ihm wolltest Du verschwinden und rambomäßig wiedererscheinen.

 

Allein schon dieser Namen, den Du Dir gegeben hast, weil Du Dir damit ein John Wayne-ähnliches Image geben, an Dein Jugendidol erinnern wolltest. Damit bist Du zu weit gegangen, hast viele Freunde verprellt. Du hast es gewusst und darunter gelitten.

 

Verwirrend war auch schon 1970 eine andere, rätselhafte Prophetie, als Du die Liederreihenfolge für Deine letzte Studio LP festgelegt hattest: Wie konntest Du schon Jahre vorher vorausgesehen, in Worte und Akkorde packen, was wirklich werden sollte...?

 

Wie kamst Du auf die Idee, bei der Produktion der LP "Greatest Hits", die nicht einen einzigen großen Hit von Dir enthielt, sondern ausschließlich neue Lieder - die meisten davon in einem für Dich neuen Stil, einer Art frühem West-Coast-Country-Rock - das Lied "No More Songs" ans Ende zu setzen? Hattest Du eine schreckliche Vision? Oder war es schon eine Entscheidung zur Entlastung? Mein Versuch, es zu übertragen, heißt "Keine Lieder mehr"...

 

24 Keine Lieder mehr   „No More Songs" Phil Ochs    a/0  CGFEE7

Hallo, hallo, hallo!                                                                         a

Ist denn wirklich keiner da?                                                          G

Warum ich ruf? Ich such Vergebung.                                          aFG

Die Trommeln dröhnen dumpf,                                                  a

die Stimmen klingen stumpf.                                                        CG

Es gibt nun keine Lieder mehr.                                                    Fga

 

Da war mal eine Frau –

eine Blüte in der Glut.

Unendlich wie das Meer meine Liebe.

Vom Traum nur Asche blieb,

die der Wind durch Regen trieb -

es gibt nun keine Lieder mehr.

 

Da war auch mal ein Mann,

der einst auf der Bühne sang.

Voll Liebe, voller Leid die Lieder -

Ein namenloser Geist

sie zerknüllt, zerfetzt, zerreißt -

es gibt nun keine Lieder mehr.

 

Rebellen warn bei mir.

Sie schlugen an die Tür,

beschwerten sich, der Mond würd blenden.

Sie schlugen, quälten mich,

nahmen mein Augenlicht.

Es gibt nun keine Lieder mehr.

 

Am Himmel steht ein Stern.

Ich will gehn und geh auch gern.

Ein Blauwal liegt an Land zum Sterben.

Ein Knochen bleicht im Sand.

Die Welle bricht am Strand -

es gibt nun keine Lieder mehr.

 

Jede Batterie, jeder Akku ist irgendwann leer. Schließlich hast Du nur noch von der Substanz gelebt, Kraft verbraucht, aber keine neue mehr getankt. Hast Du schon lange vor der entsetzlichen Umsetzung den Plan gemacht, Deinen Entschluss gefasst, freiwillig Deinem Leben ein Ende zu setzen - endgültig?

 

War es nach dem unseligen Afrika-Trip, bei dem Dich Straßenräuber in Daressalam so am Hals stranguliert haben, dass Deine Stimmbänder fast irreparabel kaputt gingen? Oder war es nach der missglückten Elvis-Imitation, die die meisten Deiner Fans irritiert, manche Freunde fassungslos gemacht hatte und von den meisten Kritikern verrissen worden war? Nach dem Mord an Deinem Freund Victor Jara, der Dich immerhin in Chile als Gaststar ins Fernsehen gebracht hatte?

 

Ergänzungslied   "Joe Hill"

Ein musikalisches Denkmal, wie Du sie Jahre zuvor mit Liedern über Woody Guthrie oder über Joe Hill geschrieben hattest, ist Dir über Deinen chilenischen Freund nicht mehr gelungen, aber immerhin hast Du für ihn und für Salvador Allende ein großes Solidaritätskonzert organisiert, bei dem auch auf die unrühmliche Rolle hingewiesen wurde, die bei dem Militärputsch die CIA und damit auch die USA gespielt hatten.

 

Victor Jara war ermordet worden - in Chile, anders als Jahrzehnte vorher in den USA der Arbeiter-Liederpoet Joe Hill, der kurzerhand auf Wunsch der Bosse kriminalisiert und per Todesurteil ausgeschaltet worden war. Du hast Joe Hills Schicksal besungen - ich hab das Lied übertragen - und mir darin einen Verweis auf Victor Jara erlaubt.

 

Joe Hill     „Joe Hill“  Phil Ochs                                                               C/0

Joe Hill kam weit von Schweden her,                                                   CFC

weil er dort keine Arbeit mehr fand.                                                     FC

Und die Freiheitsstatue winkte ihm zu.                                                FCa

< So stieg er voll Hoffnung an Land. >                                                             C  < 2 x CGC

 

Erst war er ein paar Wochen arbeitslos.

Dann nahm man ihn in einer Bar.

Er blieb nicht lange, zog von Job zu Job.

Nach Hause schrieb er nie, wie’s wirklich war.

 

Nach Jahren, die ihm nur Schweiß gebracht,

zog er nach Westen übers Land.

Bis er in Kalifornien war.

In der Gewerkschaft war sein Platz, den er nun fand.

 

Für Streiks, die blutig und schwer gewesen sind,

schrieb er Lieder, die jeder bald sang.

Sie halfen den Kollegen, durchzustehn,

was den Bossen gellend in den Ohren klang.

 

Da geschah in Salt Lake City ein Mord,

und der Täter unerkannt entschwand.

Das war eine günstige Gelegenheit:

Joe wurde als Mörder schnell benannt.

 

Er wurde verhaftet und schwer verletzt.

Kein Arzt hatte für ihn Zeit.

Sein Lebenswille ließ ihn überleben,

und so stand er vorm Gericht der Obrigkeit.

 

Die Richter waren von den Bossen gewählt,

damit war das Urteil schon klar.

Gouverneur und Präsident warn unendlich weit.

Keiner Joe Hill gnädig war.  

 

Mit verbundenen Augen stand Joe an der Wand.

36 Jahre war er alt.

Seine Lieder für mehr Gerechtigkeit, 

hat er mit dem Leben bezahlt.

 

Joe Hill, der als ein Volkssänger starb,

wurde von dreißigtausend an sein Grab gebracht.

Als er im Kampf für sie diese Welt verließ,

da ist eine Legende aufgewacht.   

 

Wohin du gehst auf dieser Welt,

wo man sich im Streik vereint,

da ist Joe Hill noch heut dabei,

sein letzter Wille jeden von uns meint.  

 

In den letzten Zeilen, die Joe Hill schrieb,

als er wusste, es war vorbei,

stand sein letzter Wunsch, der erkämpft sein will,

dass in der Zukunft jeder glücklich sei.

 

Joe Hill war nicht der letzte Sänger,

der starb durch Kugeln der Mördermacht.

Victor Jara, der auch nicht nur seinem Volke sang,

auch ihn hat man bestialisch umgebracht.

 

Erklärungen und Entschuldigungen für Dein Ausrasten, für Deine Sauferei hast Du immer parat gehabt. Klar - Dein Hals hat gebrannt, wenn Du gesungen hast. Du wolltest ihn kühlen, hast deshalb gesoffen. Du hättest ja auch gar nicht singen dürfen... Das hatte Dir der Arzt doch verboten. Du hast nicht gehört... Ratschläge anzunehmen - das war nie Deine Stärke, auch nicht durchzuhalten, Geduld... Schon gar nicht, wenn Du besoffen warst... Ausdauer - die hattest Du lange Zeit nur darin bewiesen, an Deinen Träumen festzuhalten, mit Liedern dazu beitragen zu können, dass die Welt, zumindest die Gesellschaft in den USA, besser wird.

 

Längst war Deine Veranlagung zur manischen Depression erkennbar. Du hattest sie von Deinem Vater... Bipolare-affektive Störung sagt man heute. Immer wieder hattest Du extreme Stimmungsschwankungen zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Alkohol und Medikamente haben sich unheilvoll ergänzt. Deine Freunde waren ratlos, verzweifelt. Keiner wusste Dir mehr zu helfen. Aber hast Du Dir helfen lassen? Konntest Du es womöglich gar nicht mehr?

 

Das beste Rezept, um Dich vor Schaden zu bewahren,  hatte wohl Dein Bruder Michael: Hatte die Polizei Dich mal wieder als Randalierer verhaftet, empfahl er allen Freunden, bloß keine Kaution für Dich zu stellen. Aber es gab immer einen, der für Dich gezahlt hat. So bist Du dann immer tiefer in den Abgrund geraten, buchstäblich in die Gosse.

 

Und irgendwann fiel es Dir wohl wie Schuppen von den Augen, ist Dir das bewusst geworden, wie sehr Du Dich selbst und nicht zuletzt auch diejenigen, die Dir nahe standen, verletzt hast. Hast Du deshalb dann die Brocken hingeschmissen, im Affekt vielleicht, bist vor den immer wiederkehrenden Depressionen geflüchtet, hast Dich der Krankheit nicht mehr ausliefern wollen, am Ende schließlich resigniert.

 

Tragisch, dass es gerade Dich treffen musste, der Du doch zehn Jahre vorher noch so eindringlich in Deinem Lied "When I'm Gone" gegen Resignation gesungen hast. "Nach dem Tod" hab ich meine Version genannt:

 

25 Nach dem Tod        „When I’m Gone“ Phil Ochs                              C/0

Kein Platz auf dieser Welt  ist mein Zuhaus, nach dem Tod.                    Ca

Niemals atme ich mehr ein und aus, nach dem Tod.                                 FG

Bringe niemals mehr ein Wort heraus, nach dem Tod.                                            Ca

Drum glaub ich, tu ichs besser noch mal hier.                                                          FGa

 

Ich spüre niemals mehr den Lauf der Zeit, nach dem Tod.

Ich merke weder Schmerz noch Einsamkeit, nach dem Tod.

Zum Schreiben ist mein Stift nie mehr bereit, nach dem Tod.

Drum glaub ich, tu ichs besser noch mal hier.

 

Lust und Freude mir wohl kaum noch bleibt, nach dem Tod,

nutzlos man sich bloß die Zeit vertreibt, nach dem Tod,

keiner fragt, ob man was unterschreibt, nach dem Tod,

drum glaub ich, tu ich's besser noch mal hier.

 

Von jedem Zwang bin ich dann frei, nach dem Tod.

Alles ist für mich dann einerlei, nach dem Tod.

Niemals trag ich meinen Teil mehr bei, nach dem Tod.

Drum glaub ich, tu ichs besser noch mal hier.

 

Hab keinen Trotz mehr, wenn ich mich erschreck, nach dem Tod,

Mut hilft mir nicht mehr aus dem Versteck, nach dem Tod,

Widerstand zu leisten hat kein' Zweck, nach dem Tod,

Drum glaub ich, tu ich's besser noch mal hier.

 

Ich seh nie mehr der Sonne helles Licht, nach dem Tod.

Hell und dunkel unterscheid ich nicht, nach dem Tod.

Gegen Mord hat mein Schrei kein Gewicht, nach dem Tod.

Drum glaub ich, schrei ich besser noch mal hier.

 

Dreiste Lügen stören mich nicht mehr, nach dem Tod.

Ich frag auch nicht mehr Wie und Wann und Wer, nach dem Tod.

Und stolz bereit zum Tod leb ich nicht mehr nach dem Tod,

Drum glaub ich, tu ichs noch, solang ich hier.

 

Kein Platz auf dieser Welt ist mein Zuhaus, nach dem Tod.

Niemals atme ich mehr ein und aus, nach dem Tod.

Bringe niemals mehr ein Lied heraus, nach dem Tod.

Drum tu ichs besser noch, drum tu ichs besser noch,                                              FGFG

drum tu ichs besser noch solang ich hier.                                                   FGFC

 

Phil, wenn Du von einer Idee, einem Traum besessen warst, in Lieder darüber singen konntest, warum es sich lohnte und wichtig war, für eine bessere Welt zu streiten und zu kämpfen, dann hast Du soviel Anerkennung gefunden und bei Deinem Publikum bewundernswerte Erfolge gehabt -sogar auch noch dann, als Dir künstlerisch eigentlich längst die Puste ausgegangen war. Das sind doch Erfolge, die man gar nicht an der Zahl verkaufter Platten messen kann.

 

Die Großkundgebungen und Konzerte, zum Beispiel schon 1970 Dein Benefizauftritt mit Joni Mitchell und James Taylor in Vancouver zur Unterstützung des Protestes gegen Atombombenversuche auf der Insel Amchitka vor Alaska - eine Aktion, die ganz wesentlich zur Gründung von Greenpeace beitrug -, das Konzert zur Erinnerung an Chiles ermordeten Präsidenten Allende und an Deinen Freund, den Sänger Viktor Jara. Allein Deinetwegen hat tatsächlich auch Dylan dabei mitgemacht.

 

Oder in New Yorks Central Park die Kundgebung zur Heimkehr der letzten amerikanischen Vietnamkriegskämpfer. Der Krieg, gegen den Du so lange und laut angesungen hattest, zu dem Du den Protest-Soundtrack geschrieben hattest - er war nun endlich tatsächlich vorüber, und wieder haben Hunderttausende, die Du gerufen hattest, mit Dir gefeiert. Oder schließlich auch das Konzert, mit dem Du zur Rettung des hoffnungslos verschuldeten New York beitragen wolltest - dieser Stadt, in der Du auch schon zur Zeit Deiner größten Erfolge gelebt hattest, aber eben auch in deren Gosse Du schon immer wieder landetest...

 

Hat Dich das alles nicht mehr aufbauen, Dir keine künstlerische Perspektive, keinen Lebensinhalt mehr geben können? Es gibt nicht viele Menschen, die andere so mit ihrer eigenen Begeisterung mitreißen können. Du hast es gekonnt - solange Du Dich selbst begeistern konntest.

 

Ergänzungslied "Was kann ich hörn"

Wie mit diesem Lied "What's That I Hear", ziemlich am Anfang Deiner Karriere, die Du Dir so ganz anders erhofft hattest. Bei mir heißt das Lied "Was kann ich hörn".

 

Was kann ich hörn „What’s That I Hear“  Phil Ochs         C/-1     

Was kann ich hörn? Was dringt da an mein Ohr?                                CeAD

Sag, ist das wirklich wahr?                                                                 GCeD

Was kann ich hörn? Was dringt da an mein Ohr?                                CeAD

Ich hör es schon ganz klar.                                                                 GCeD

Freiheitsklänge, die uns Glück verheißen,                                                            GD

klingen weit in die Welt.                                                                     GF   ID

Klänge, die entstehn, wenn Ketten zerreißen.                                          GD

Sag mir, ob es dir gefällt.                                                                    CeD

Sag mir, dass es dir gefällt.                                                                 CeD

 

Was kann ich sehen? Was erkennt mein Blick?

Sag, ist das wirklich wahr?

Was kann ich sehen? Was erkennt mein Blick?

Ich seh es schon ganz klar.

Freiheitslichter, die die Angst verscheuchten,

strahlen weit in die Welt.

Lichter, die ein End der Willkür beleuchten.

Sag mir, ob es dir gefällt.

Sag mir, dass es dir gefällt.

 

Was kann ich spürn? Was schlägt in meiner Brust?

War das Gefühl schon da?

Was kann ich spürn? Was schlägt in meiner Brust?

Ich spür es schon ganz klar.

Freiheitslust lässt mein Herz höher schlagen,

fordernd mit jedem Schlag,

nicht bescheiden nur  nach Freiheit zu fragen.

Sie steht uns zu, jeden Tag.

Sie steht uns zu, jeden Tag.

 

Als Du aus dem John-Train-Alptraum erwacht warst, schien doch sogar alles besser zu werden. Es gab Hoffnung: Die Sauferei hast Du drangegeben, sogar ab und zu wieder Gitarre gespielt, Dir eine eigene neue besorgt, einen Psychologen an Dich rangelassen, alte Kontakte zu Freunden wiedergeknüpft - und dann doch: Der Strick, eingeklemmt zwischen Tür und Rahmen... Mit 35 Jahren von jedem Lebensmut verlassen?

 

Ergänzungslied Phil

Deine Freunde, die, die Dich so voller künstlerischer Kraft in Erinnerung hatten, waren geschockt, ähnlich wie Dein Sängerkollege Tom Paxton, der nach Deinem Tod dieses Lied schrieb:  Phil 

 

26 PHIL      "Phil"  Tom Paxton                                                     a/ 2

Der Blick in die Zeitung - und da war dein Foto:                                  ad

Tod, Tod, Tod durch eigne Hand.                                                       E7a

ich konnt es nicht glauben - Zeitungen lügen -                                        ad

Tod, Tod, Tod durch eigne Hand.                                                       E7a

 

Ich weiß, ich werd bis an mein Lebensende nicht verstehn,                       Ca

warum du so verzweifelt warst, um in den Tod zu gehn...                        CE7

Der Blick in die Zeitung - und da war dein Foto:                                  ad

Tod, Tod, Tod durch eigne Hand.                                                       E7a

 

Das Telefon schrillte - ob ich es schon wüsste -

wer kann schon voraussehn, was geschieht.

Ich legte den Hörer auf - was sollte ich sagen -

und schrieb all meine Trauer in ein Lied.

 

Sie fragten nach Bob Dylan, was vor vielen Jahrn geschehn,

Fragen über Fragen, so absurd, kaum zu verstehn.

Der Blick in die Zeitung - und da war dein Foto:

Tod, Tod, Tod durch eigne Hand.

 

Mir ging dein Lied "So wird's uns auch gehn" durch den Sinn.                              Ca

Sein Glück zu finden - was will man schon mehr.                                  Ca

Dann wandt das Glück sich ab von dir,                                               F

es schien dir so, so scheint es mir -                                                        F

am Ende war dein Leben inhaltsleer...                                                 FE7

 

Der letzte Abend, an dem wir uns trafen -

vollgekotzt konnst du kaum stehn.

Ich wollt mit dir reden, und ging weg voll Ekel -

hab dich dann nie mehr gesehn.

 

Dann hörte ich, es ging dir wieder besser Tag um Tag,

du wärst bereit für einen neuen Weg, der vor dir lag.

Und dann kam die Zeitung - und da war dein Foto:

Tod, Tod, Tod durch eigne Hand.

 

Du hast große Erfolge gehabt, die Du am Ende wohl als solche gar nicht mehr wahrnehmen konntest, wie die erwähnten Konzerte. Es gab ja auch Rückschläge, Nacken- oder Tiefschläge, die Dich jedes mal aus der Bahn warfen: Für das Erinnerungskonzert an Woody Guthrie hatte man Dich nicht auf der Bühne eingeplant. Was hatte Bruce Springsteen da zu suchen? Du warst ratlos, vor den Kopf gestoßen.

 

Längst spionierte die CIA Dir nach - nicht wegen Deiner Sauferei -, sondern weil sie in Dir, in Deinen Liedern, Deiner Teilnahme an Protestaktionen ein Risiko für die Vereinigten Staaten sah. Das dicke Dossier über Dich fand man erst Jahre später. Hätte es eine bessere Empfehlung für Deine Konzertteilnahme geben können? Hatten die Veranstalter des Guthrie-Erinnerungskonzertes etwa zu große Zweifel an Deiner Zuverlässigkeit? Musste man fürchten, Du könntest besoffen das Konzert mit einem Eklat belasten?

 

Warum wollte Dylan, als er die Künstler für seine Rolling Thunder Review ausgesucht hatte, Dich nicht dabei haben? Wieder hast Du Dich übergangen gefühlt und warst verbittert. Hast Dich wohl auch noch tiefer in den Teufelskreis aus Sauferei und Depressionen ziehen lassen. Und wie hättest Du erst reagiert, wenn Du noch zu Deinen Lebzeiten gesehen hättest, dass Bob Dylan Dir in seinen Chronicles nicht mal eine Erwähnung Deines Namens gegönnt hat...

 

Aber Dein Schicksal hat eine Reihe Künstler bewegt, Lieder über Dich zu schreiben: wie Tom Paxton, Harry Chapin aus den USA oder Colin Wilkie und Harvey Andrews aus England. Sicherlich gab es noch eine Reihe anderer Künstler, die - so wie Du - genauso wenig in dem Maße bekannt wurden, wie sie es verdient hätten, Künstler, wie sie Deine Schwester Sonny Ochs immer noch jedes Jahr auf die Bühnen ihrer Hootenanny-Konzerte holt, um so die Erinnerung an Dich wachzuhalten.

 

Es gibt immer noch Künstler, die Deine Lieder singen, und Künstler, die immer noch keine Antwort darauf haben, wie es soweit hatte kommen können, dass Du nicht mehr leben wolltest... Sie haben Dich verehrt - und über Deine Brüche und Schwächen, mit denen Du beträchtlich irritieren konntest, hinweggesehen. Fehler hat jeder, und bei Dir gab es für manche Schattenseite Erklärungen, die Du selber nie vorgebracht hattest.

 

Deine Fans haben Dich bewundert für Dein Talent, Deine Fähigkeit - die Du ja zumindest ein knappes Jahrzehnt lang gehabt hast -, mitreißende Lieder zu schreiben, mit denen Du eigene Begeisterung, aber auch eigene Fassungslosigkeit über Missstände in Text und Musik ausdrücken konntest, und mit denen Du auch andere berühren und bewegen konntest - oder auch ihren Wunsch wecken, mit Dir gegen die angeprangerten Missstände anzugehen.

 

Du hast Lieder mit einzigartigen Melodien geschrieben, die du auch mit einer elektrisierenden Stimme gesungen hast - solange sie Dir verblieben war. Genau mit all dem hattest Du mich fasziniert und faszinierst mich noch heute. Ich will Dir gar keinen Vorwurf machen, Phil, aber Fragen hätt ich ne ganze Menge...

 

27 Epitaph für Phil Ochs      (Gerd Schinkel)                               e/0

Ein Freund gab mir die Nachricht,  die aus den Wolken fiel.                   eDCe

Er sprach von deiner Reise  in endloses Exil.                                                           eDCe

Du hast die Grenze dicht gemacht, den Riegel vorgesperrt,                     Ca7DH7

den Steg hinter dir durchgesägt. Hast du dich so gewehrt?                      GeF7/5-e

 

Wie konnte das geschehen? Wer schuldet Rechenschaft?

Schweres war für dich Ansporn. Was ging über deine Kraft?

Wer hat die Stimme dir geraubt? Den Atem dir gekürzt?

Wer hat den Brunnen leergeschöpft?  Den Felsen umgestürzt?

 

Sag, was machst du nun, nach dem Tod?                                                   D D7 H7 e

Viel lässt du hinter dir.                                                                                C D9 G

Wir müssen damit leben, und wir                                                                D D7 H7 e

brauchten dich doch hier.                                                                           Cdim H7 e

 

Ich weiß nicht - kannte ich dich gut? Du hast mich nie gesehn.

Erfahren hab ich viel von dir, sah dich oft vor mir stehn.

Wenn ich eins deiner Lieder sang, dann stellte ich mir vor,

was würdst du sagen, wärst du hier, und ich sänge sie dir vor.

 

Warum hast du den Mut verlorn?  Ich hab mich oft gefragt.

Die Zukunft liegt in unsrer Hand.  Du hast es selbst gesagt.

So viel ist faul auf dieser Welt,  was um uns her passiert.

Doch gibt es nur Veränderung,  wenn keiner resigniert.

 

Sag, was machst du nun, nach dem Tod? 

Viel lässt du hinter dir.

Wir müssen damit leben, und wir

brauchten dich doch hier.

 

Wir könnten Dich immer noch gut gebrauchen, Phil. Müßig sich vorzustellen, wie viele Lieder Du bis heute wohl hättest schreiben können, wenn Du Deinen Lebensmut wiedergefunden und Deine Schreibblockade überwunden hättest. In der Art, wie Du es in einem Deiner letzten Versuche noch getan hast, nur noch krächzend in einem neuen Text auf eine alte Melodie von Dir, in einem Lied über Richard Nixon, dem Du nach seinem erzwungenen Rücktritt, mit dem er einer Amtsenthebung zuvorgekommen war, empfohlen hattest, sich doch ein neues Land zu suchen.

 

Was für Lieder hättest Du über Jimmy Carter geschrieben, über Ronald Reagan gesungen, seinen Überfall auf Grenada in der Karibik, über den Zusammenbruch des Ostblocks, über den ersten Golfkrieg von George Bush und den zweiten von seinem missratenen Sohn George Dabbeljuh, über den Kennedy-Verehrer Bill Clinton und dessen Schwäche für Frauen.

 

Oder schließlich über Obama, der es als erster Mann "schwarzer" afro-amerika-nischer Herkunft ins "weiße" Haus geschafft hatte - und erleben musste, dass der angeblich mächtigste Mann der Welt ohnmächtig einer blockierenden Mehrheit bornierter Reaktionäre im Kongress ausgeliefert bleibt. Und was hättest Du über Edward Snowden zu singen gehabt und die Schnüffelpraxis der NSA? So viel Stoff für Lieder...

 

Und was machen heute andere daraus? Es sind nicht mehr viele, die noch politische Lieder hören wollen - und erst recht nicht mehr viele, die solche Lieder schreiben. Oft werden sie als anachronistische Protestsänger eher belächelt, wenn sie nur mit Gitarre über das singen, was sie bewegt, sie erregt, sie aufregt und anregt, sodass sie ihrem innen Drang folgen müssen, darüber zu singen, so wie du es getan hast, nur mit Gitarre, auf Demonstrationen, Kundgebungen.

 

Du hast gewusst, zumindest in Deiner kreativsten Zeit, wann es Zeit war, ein neues politisches Lied zu schreiben, oder Dich mit den Liedern, die Du schon geschrieben hattest, singend einzumischen, wann die Glocke geschlagen hatte, die Du selber besungen hast, mit einem Text von Edgar Allan Poe, dem Du zuvor eine singbare Form gegeben hattest. Diese, Deine Textversion, hab ich zu übertragen versucht.

 

2 Die Glocken  „The Bells“  Phil Ochs / Edgar A. Poe                          G/2  

Hört die Glocke, wie sie klingt, wie sie klingt -                                          G

wie sie in der Melodie uns eine Warnung bringt.                                       GFG

Wie sie läutet, läutet, läutet, in die sternenklare Nacht,                                             CeD CeD

dass die Winde dazu tanzen, und der Mond hellsilbern lacht.                  CeD CeD
Hört mal zu, hört mal zu, lasst euch stören in der Ruh,                            GeD

durch das Rufen, durch das Tönen, halt dir nicht die Ohren zu!                            GFD

Hört, sie klingt und klingt und klingt und klingt -                                     GCeDGCe

wie sie Mahnung in die weite Ferne bringt.                                                DCDG

 

Hört, die Hochzeitsglocke singt, wie sie singt.

Eine Welt voll Glück in ihrer Harmonie mitschwingt.

Wie sie läutet, läutet, läutet, und den Tag mit Glanz durchbricht.

Wie sie tanzt und wie sie jubelt - bringt sie uns ein Hoffnungslicht?

Hört mal hin, hört mal hin, denn die Zukunft liegt darin:

Liebe gibt uns Leben. Darauf weist ihr Lied uns hin.

Hört, sie singt und schwingt und singt und schwingt.

Wie die Botschaft durch die dicksten Mauern dringt.

 

Hört, die Feuerglocke schrillt, wie sie schrillt.

Drohung und Gefahr aus ihrem Dröhnen zu uns brüllt.

Wie sie läutet, läutet, läutet, und die tiefsten Schläfer weckt,

die an jedem Abend sich so selbstzufrieden zugedeckt.

Wird sie laut, wird sie laut - wie sie zornig niederschaut

und verkündet, wie ein Unheil sich sehr schnell zusammenbraut.

Hört, sie schrillt und brüllt und schrillt und brüllt -

wie die dunkle Nacht mit lautem Schrei sich füllt.

 

Hört, die Totenglocke schlägt, wie sie schlägt.

Jahre gehen vorbei - am Schluss wird nicht mehr abgewägt.

Wie sie läutet, läutet, läutet, monoton uns Kunde gibt,

wie sie auf das Ende deutet, und da wird nicht mehr gesiebt.

Denkt mal nach, denkt mal nach, seid stets aufmerksam und wach.

Das will sie uns sagen, und nur darum schlägt sie Krach.

Hört, sie schlägt und schlägt und schlägt und schlägt -

und der Schreiner hat das letzte Brett gesägt.                             

 

Da gibt es Leute, die jemanden wie Dich abwertend mit dem Begriff "Gutmensch" in eine untere Schublade einsortieren, die genauso abwertend von "Betroffenheitslyrik" sprechen, wenn sie mit Liedern konfrontiert sind, wie Du sie geschrieben hast, und wie sie auch heute noch andere Singer/Songwriter schreiben. Mag aber auch sein, dass gerade so eine Abwertung manche, die sich heute an eigenen Liedertexten versuchen, einschüchtert, dass sie nicht den Mut finden, ihre Lieder mit eigenen Gefühlen zu füllen.

 

Sie lassen sich ausbremsen von gesichtslosen Charaktermasken, die selbst zu ängstlich oder gar unfähig sind, Gefühle zu offenbaren, vor allem auch Schwäche zu zeigen, obwohl gerade dies ja ein Beweis von innerer Stärke ist. Wer keine Gefühle erkennen lässt, sich keine Gefühle erlaubt, nichts fühlt, weil er nichts fühlen mag und will, stumpft ab. Wie kann man so leben?

 

Mag sein, dass es heute auch andere Formen der Protestkultur gibt: Rap und Hip-hop, andere Rhythmen, andere Ausdrucksformen, andere Sprache, die vielleicht andere Leute erreichen können. Wichtig ist doch, dass man diesem Drang folgt, die Möglichkeiten nutzt, Gefühle und Träume in Worte zu fassen und in Liedern auszudrücken, denn so lassen sie sich besser mitteilen, sodass man sie auch mit denen teilen kann, die sich nicht selbst in eigenen Liedern mitteilen können.

 

Vielleicht ist es für Dich, gewiss aber für diejenigen, die die Erinnerung an Dich wach halten wollen, nun eine späte Genugtuung, dass Dein gesamter Nachlass 2013 von Deiner Tochter dem Woody Guthrie-Archiv überlassen wurde. Es hätte keinen würdigeren Platz geben können. Um Menschen zu emotionalisieren, gibt es nichts Besseres als ein Lied. Und niemand hat sich, neben Woody Guthrie, als Autor bewegender politischer Lieder und als Vorbild für Menschen, die aktuellen politische Lieder schreiben wollen, mehr hervorgetan als Phil Ochs.

 

28 Die Glocken            (Ergänzungsstrophen Gerd Schinkel)                   G/0

 

Hört die Freiheitsglocke hell, klar und hell,

lockt ihr fester Klang so laut mit feurigem Appell.

Wie sie läutet, läutet, läutet, lässt die Ketten kraftlos klirrn,

dass die Hoffnung sich verbreitet, diese Glocke kann nicht irrn.

Kannst drauf baun, drauf vertraun, musst nicht ängstlich um dich schaun,

es gibt immer eine Zukunft, jeder Gletscher wird mal tau’n,

Hört sie ruft und lockt und ruft und lockt,

und die Spitzel und die Schergen sind geschockt.

 

Hört die Friedensglocke leis als Beweis,

dass es nie zu spät ist. Wer nicht aufsteht, zahlt den Preis.

Wie sie läutet, läutet, läutet, ins Gewissen bis ins Mark:

Gib nicht auf, dich zu bemühen, bleibe standhaft, trotzig, stark.

Du wirst sehn, du wirst sehn, ohne Zweifel wird es gehn,

irgendwann wird jeder ihren hellen Ton verstehn.

Hört sie drängt und drängt und drängt und drängt -

wie sie fordert, dass man ihr Beachtung schenkt.

 

 

 

Gerd Schinkel

dritte ausführlichere Überarbeitung zum "musikalischen Hörbuch", Mai 2015

 

Epitaph für Phil Ochs
Text und Musik: Gerd Schinkel
Epitaph für Phil Ochs.mp3
MP3 Audio Datei 3.0 MB